Ein Wolf unter Füchsen
27. März 2018
Martin Pircher aus St. Georgen
27. März 2018
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Über das Ahrntal

Teil 2 – Das Urbar des Klosters Sonnenburg listet jene Höfe auf, die einst dem Kloster gehörten. Ein Teil dieser Höfe wurde später vom Kloster an die Herren von Luttach verkauft. Im Jahre 1296 gehörten u. a. folgende Weißenbacher Höfe zur Grundherrschaft von Sonnenburg: Mooslechn, Waldlechn, Marxegger, Weider, Pichler, Dörfler, Außerhof, Pirch, Innerhof,  Feuchte, Reichegg und Mösenhof.

 

Etwa zur gleichen Zeit waren der Brugger, der Brunegger und der Klammer in Weißenbach dem Landesfürsten zinspflichtig, so wie übrigens auch der Weißner, der Brunner, der Steinpent, der Trippacher, der Gruber in Ahrn und viele andere. Die zinspflichtigen Höfe wurden von den Grundherren häufig verkauft, verschenkt (vor allem an die Kirche) oder vertauscht, sodass es im Laufe der Zeit zu einer argen Zersplitterung des grundherrlichen Besitzes kam. So schenkte um 1182/83  Konrad von Uttenheim, auch er ein Dienstmann der Herren von Taufers, dem Kloster Neustift einen Hof in Weißenbach, der in der Folge dann, weil nach Neustift zinspflichtig, Stifterhof genannt wurde. Im Jahre 1237 schenkte Hugo von Taufers dem Brixner Domkapitel den Viehhof Clusen (Klausen). Es handelt sich dabei wahrscheinlich um die heutige Weißenbachlalm in Kleinklausen in Steinhaus, die bis vor etwa hundert Jahren ein ganzjährig bewirtschafteter Hof gewesen ist. Ein Beleg dafür, dass es auch damals schon Leute gab, die schneller reich wurden als andere, ist der Ankauf von vierzehn Gütern innerhalb von nur 25 Jahren am Beginn des 14. Jahrhunderts durch die Herren von Luttach. Auch die schon erwähnten zu Sonnenburg gehörenden Höfe in Michlreis und Weißenbach gingen damals an die Herren von Luttach. Die Äbtissin Diemut von Lienz und die Dechantin des Stiftes beurkundeten den Verkauf am 2. Februar 1337.
Es ist klar, dass das Einverständnis der Grundherren Voraussetzung war, wenn Höfe geteilt, vergrößert oder neu errichtet wurden und zu diesem Zwecke Wald gerodet oder Weideflächen eingezäunt wurden. Auf die Teilung von Höfen drängte man vor allem in Zeiten, in denen die Bevölkerung  stark zunahm, was  z.B. im 13. und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geschah, bis dann die große Pest von 1348/49 die Hälfte der damals in Tirol lebenden Menschen dahinraffte. Auch danach gab es dann bevölkerungsmäßig ein ständiges Auf und Ab. Vor allem die hohe Kindersterblichkeit und häufig wiederkehrenden Seuchen dämmten das Bevölkerungswachstum ein. Auch das Eheverbot für Dienstboten trug dazu bei, dass nicht mehr Kinder zur Welt kamen, als man mit der damals praktizierten Landwirtschaft ernähren konnte, für die das zur Verfügung stehende menschliche Potential relativ rücksichtslos eingesetzt wurde. So wurden Kinder schon früh mit verschiedenen Arbeiten in Haus und Feld beauftragt und so auf das Dienstbotendasein vorbereitet, das den meisten von ihnen ein Leben lang blühte, weil ja nur ein Kind den Hof übernehmen konnte. Diese als Anerbenrecht bezeichnete Vorgangsweise führte zur rechtlichen Absicherung des geschlossenen Hofes, da dessen Zerstückelung im Erbfalle dadurch verhindert wurde, dass meist der älteste Sohn allein den Hof erbte und für die Auszahlung der weichenden Geschwister nicht der Kaufwert des Hofes, sondern nur der Ertragswert herangezogen wurde und auch heute noch wird.
Dass den Grundherren im Jahre 1848 ihr Recht auf die Bauernhöfe genommen und dieses voll und ganz auf die Bauern übertragen wurde, war eine Folge der Revolution, die in Österreich-Ungarn in jenem Jahre ausbrach. Zunächst sah es so aus, als würde es den Revolutionären sogar gelingen, der Monarchie den Garaus zu machen, deren Repräsentanten die Habsburger waren. Schließlich aber retteten diese ihr Kaisertum noch einmal für ein knappes Dreivierteljahrhundert. Ein Preis dafür war die Bauernbefreiung. Sie war übrigens nicht ganz kostenlos zu haben. Es wurden Ablösesummen vereinbart, die gemäß der Größe der Höfe gestaffelt waren. Ein Drittel davon zahlte der Bauer, ein weiteres der Staat und das letzte Drittel wurde den Grundherren aufgerechnet, d. h. sie mussten darauf verzichten. Für die Erledigung dieser Grundentlastungsangelegenheiten wurden überall Bezirkskommissionen eingerichtet, die dann ihre Erkenntniß den betroffenen Bauern in schriftlicher Form mitteilten. Diese großformatigen Schriftstücke liegen heute noch in den meisten Bauernhöfen auf. Es sind dies Dokumente, welche die Bauernbefreiung bestätigen, die der Grundherrschaft ein Ende  und die Bauern zu Herren auch über Grund und Boden machte. Die meisten dieser Erkenntnisse wurden in den Jahren 1850 bis 1852 ausgestellt.

DIE GEMEINDE AHRNTAL
Im Ahrntal bezeichnete man die Ortschaften früher als Pimwerche. Das Wort ist eine nicht ganz extakte Ableitung aus dem Worte Pymerch, was so viel wie das In-einer-Markung-Liegende bedeutet. Wenn der Literatur dafür die Definition Steuer- und Wirtschaftsgemeinde anbietet, dann klingt das für die frühe Zeit etwas hochtrabend, als der Pimwercher, der Vorsteher eines Pimwerches, so etwas war wie ein gemeindliches Faktotum, dessen Kompetenzen in etwa mit denen eines heutigen Fraktionsvorstehers zu vergleichen wären. Der Ausdruck Gemeinde, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung Pimwerch ablöste, geht zurück auf die Gimoan (oder Gemain oder Allmende), worunter man jenen Anteil an Grund und Boden verstand, der allen gemeinsam gehörte und der dementsprechend genutzt wurde. Heute ist dafür die Bezeichnung Fraktionsgrund üblich.
Unter Österreich bildeten die einzelnen Dörfer des Tales – bis auf Weißenbach – eigene Gemeinden. Weißenbach war eine Fraktion der Gemeinde Luttach. Nach dem Inkrafttreten der italienischen Gemeindeordnung in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts kam es im Jahre 1928 zur Zusammenlegung aller Dörfer von  Luttach bis Prettau zu einer Gemeinde. Der Sitz der neuen Gemeinde wurde nach Steinhaus verlegt, das schon damals keine eigene Fraktion, sondern auf St. Johann und St. Jakob aufgeteilt war. Die Gemeindeämter waren bis 1943 in der (heute sogenannten) Alten Volksschule untergebracht. Damals übersiedelten sie in das Faktorhaus des Ahrner Handels, der ehemaligen Betreibergesellschaft des Prettauer Kupferbergwerkes. Dieses heutige Rathaus wurde im Jahre 1972 von der Gemeinde angekauft. Die Gemeinden wurden in der Zeit der faschistischen Diktatur von Amtsbürgermeistern (Podestà) verwaltet. In der Zeit der deutschen Besatzung ab September 1943 wurde ein kommissarischer Bürgermeister ernannt. Nach dem Kriege wurden die Verhältnisse allmählich wieder demokratisch. Zunächst blieb es dabei, dass das ganze Ahrntal eine Gemeinde bildete. Im Jahre 1958 löste sich Prettau aus dem Ahrntaler Gemeindeverband und bildet seither eine eigene Gemeinde.

DAS GEMEINDEWAPPEN
Die verschiedenen Gemeinden des Ahrntales hatten in der Zeit unter Österreich kein eigenes Wappen. Der Gemeinde wurde erst im Jahre 1969 ein Wappen verliehen, und zwar von der Region Trentino-Südtirol. Das Wappen wurde vom akademischen Maler Hans Prünster entworfen und von einer eigenen Heraldikkommission abgesegnet. Es handelt sich um eine schematisierte Darstellung des Tales, die in drei Felder zerfällt. Das mittlere Feld stellt die landwirtschaftlich genutzte grüne Fläche links und rechts der silberfarbenen Ahr dar. Das rechte und das linke Feld sind mit je 4 ½ silberfarbenen Bergspitzen ausgefüllt, zwischen denen der blaue Himmel sichtbar wird.

DIE PFARRGESCHICHTE DES TALES
Für die seelsorgliche Gliederung des mittleren Pustertales spielte Sebatum/St. Lorenzen eine besondere Rolle. Von dort aus dürften zunächst die Orte der Umgebung mit Geistlichen versorgt worden sein, bis sich schließlich in Taufers ein Geistlicher auf Dauer niederließ und dann von dort aus die Orte um Taufers herum und dann nördlich davon betreute. Wir wissen sowohl über die Besiedlung des Ahrntales als auch über die Christianisierung seiner Bewohner derart wenig, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als uns vorzustellen, wie das alles abliefe, wenn es heute stattfände. Und da liegt es nahe, uns den Ausbau des Seelsorgsnetzes gemäß dem Verlauf der Ansiedlung der Bayern vorzustellen, nämlich von Süden nach Norden. Wir hätten dann als Mutterkirche jene archäologisch bereits Ende des 4., Anfang des 5. Jahrhunderts belegte von St. Lorenzen, dann jene von Taufers in der Karolingerzeit und schließlich jene von Ahrn irgendwann um 1100. Taufers und Ahrn sind zu Beginn der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ungefähr gleichzeitig genannt, Taufers als Tufres und Ahrn als Ourin. (RT)