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Hans im Glück

Pfalzen − Dabei sein ist (fast) alles. Der Pfalzner Cross-Lauf ist für den Lauf-Routinier und Lokalmatador Hans Berger kein Rennen im eigentlichen Sinn. Für Berger geht es um mehr als bloße Bestzeiten – er nützt sein Heimrennen quasi als Spielwiese um seine Taktik, seine Konstanz und auch seinen Sportsgeist zu perfektionieren.
Hans Berger ist ein ruhiger Zeitgenosse. Ganz egal, ob er mit den Laufschuhen unterwegs ist, oder ob er gerade ein Interview gibt, „Johnny“, wie ihn Christoph Brugger sein Kollege vom ‚Macki-Nacki-Laufclub‘ gerne nennt, ist ein umgänglicher, unaufdringlicher Typ. Ein Mann, der wie geschaffen scheint für Ausdauersport, für Disziplinen, wie das Laufen oder das Skitourengehen also, bei denen nicht Rasanz sondern Konstanz zählen.
Hans Berger kommt aus Pfalzen und der Pfalzner Cross-Lauf ist sein Heimspiel. Seit mittlerweile 13 Jahren geht dieses Rennen am Fuße des Pfalzner Berges schon über die Bühne und Hans war bei jeder einzelnen Ausgabe mit dabei. Er und Christoph Brugger sind nämlich die Gründungsväter dieses Rennens, das mittlerweile schon als Lauf-Klassiker im Frühjahr gilt.  „Ich war bei jeder bisherigen Ausgabe des Rennens mit dabei“, sagt Hans mit dankbarem Unterton. „Auch weil es mir gesundheitlich immer gut gegangen ist. Deshalb ist meine Freude, am Start zu sein auch diesmal, bei der 13. Ausgabe, sehr groß.“ Im Startgelände am Issinger Weiher herrscht hektisches Treiben, an diesem Freitag, den 25.Mai, aber Hans scheint sich davon nicht anstecken zu lassen. Er ist die Ruhe in Person, obwohl er allerhand zu tun hat. Als Veranstalter kümmert er sich zusammen mit Christoph Brugger um die Ausgabe der Startnummern, betreut die Läuferinnen und Läufern, die von überall her zum Pfalzner Cross-Lauf kommen und bereitet sich irgendwie noch nebenbei auf sein Rennen vor.

Ein echter Dauerbrenner
„Natürlich hat dieses Rennen vor meiner Haustür, bei seiner 13. Ausgabe, auch etwas von  Routine an sich“, sagt Hans. „Aber das ist eine Routine, die viel mit Respekt zu tun hat.“ Hans nimmt’s locker, aber er nimmt das Ganze nicht auf die leichte Schulter. Das hängt vor allem mit dem ersten Teilstück der Strecke zusammen, mit dem berühmt-berüchtigten Steilanstieg zum Gasthof Irenberg hinauf, an dem sich schon einige der erfahrensten Läufer die Zähne ausgebissen haben. Der Respekt vor dieser Schlüsselstelle sei noch immer vorhanden, sagt Hans, aber mit der Zeit habe er gelernt, dass man diesen Steilhang überlegt angehen müsse. „Man neigt dazu, bei diesem ‚Stich‘ wie gegen eine Mauer anzurennen. Aber das bringt nichts.“
Hans ist ein echter Stratege unter den Läufern im Pustertal. Er kennt die Strecken, er kennt seine Fähigkeiten und er weiß, wie man ein Rennen klug angeht. Er ging noch zur Mittelschule, als er mit dem Laufen begonnen hat. Die Bewegung in der freien Natur, das Ausloten der eigenen Leistungsfähigkeit, das Feilen an der mentalen und körperlichen Stärke – Sport und Bewegung bilden für Hans‘ seit nunmehr fast 50 Jahren einen bedeutenden Lebensinhalt und haben ihm ein unerhörtes Maß an Erfahrung eingebracht, die er bei Rennen wie dem Pfalzner Cross-Lauf in die Waagschale legt.
„Es ist eine Frage der richtigen Einteilung“, sagt Hans. „Ich bin nicht mehr ganz der Jüngste. Deshalb starte ich relativ langsam, bring den schwierigen Steilanstieg zum Irenberg hinter mich und kann mich dann mit einem konstanten Rhythmus mein eigentliches Ziel verfolgen.“ Für den Routinier zählt nämlich nicht eine absolute Bestzeit, Berger sucht vielmehr Konstanz in seinem Laufen. „Das Besondere am Rennen hier in Pfalzen ist die Tatsache, dass man die Strecke zweimal läuft. Nach der ersten Runde wird eine Zwischenzeit genommen. Mein Ziel ist es, beide Runden möglichst mit der gleichen Zeit zu absolvieren.“ Die Gesamtlaufzeit sei für ihn nicht entscheidend, sagt Berger, er möchte ins Ziel kommen und sich dabei wohl fühlen. „Ich versuche an meiner Konstanz zu feilen und meinen Körper immer wieder aufs Neue zu testen. Der Rest ist zweitrangig.“


Mehr als nur Spitzenleistungen
Den Fokus auf Konstanz und Renntaktik legen und gleichzeitig Abstand nehmen vom Bestzeit-Denken: diese Schwerpunkte haben sich bei Hans Berger in den letzten zehn Jahren herauskristallisiert. „Als ich damals bei verschiedenen Marathons und Bergläufen starke Zeiten erreicht habe, wurde mir klar, das ich meinen Höhepunkt erreicht hatte und dass in Sachen maximale Leistung nicht mehr drinnen ist.“ Berger war zu der Zeit bärenstark aber auch klug genug, um zu verstehen, dass er sein Hauptaugenmerk fortan anders lagern sollte, um sich die Freude und die Herausforderung am Laufsport zu bewahren. „Schneller als damals würde ich nicht mehr laufen können, so viel war klar. Also habe ich angefangen kleinere ‚Niggilan zi bochn’“, stellt Hans schmunzelnd fest.
Die Sonne schickt die letzten Strahlen dieses Tages über die Grate des Grubbachkammes, als um Punkt 19.30 Uhr der Startschuss zum Rennen fällt. Hans Berger macht sich gemeinsam mit 83 Läuferinnen und Läufer auf die 12,27 Kilometer lange Strecke, bei äußeren Bedingungen, die nicht besser sein könnten. Die Temperaturen entlang der Strecke sind frühlingshaft mild, der Untergrund trocken, die Luft knackig frisch. Berger nutzt diese Umstände optimal und läuft ein Rennen, das seine Aussagen vorab fast schon prophetisch erscheinen lässt. Runde Nummer eins bringt er in 29:29 Minuten hinter sich, für den zweiten Durchgang benötigt er 30:08 Minuten. Nur 30 Sekunden fehlen ihm zum perfekten Rennen mit zwei identischen Rundenzeiten. Diese Genauigkeit ist vor allem deswegen so bemerkenswert, weil Hans stets ohne Armbanduhr oder andere Zeitinstrumente läuft.
„Ich habe im Laufe der Jahre irgendwie ein natürliches Gespür dafür entwickelt, wie schnell ich unterwegs bin“, erklärt Hans im Anschluss an das Rennen. „Heute bin ich langsam gestartet und hatte deswegen in der zweiten Runde Kraft übrig, die ich gezielt für die Einteilung des Rennens genutzt habe.“
Hans kann also durchaus zufrieden sein mit seinem Abschneiden beim diesjährigen Laufspektakel in Pfalzen. In der Kategorie der Läufer über 60 Jahre gelang ihm quasi unabsichtlich die zweitbeste Laufzeit und im Gesamtklassement holte er sich mit einer Zeit von 59:38 Minuten den 44. Rang. Was für ihn als Sportsfreund und Veranstalter des Rennens allerdings viel wichtiger ist, ist die Tatsache, dass alle die am Start waren, auch heil und gesund im Ziel angekommen sind. „Das Schöne an Laufveranstaltungen ist ja, dass man immer wieder Freunde und Bekannte trifft, mit denen man die Leidenschaft für’s Laufen teilt“, sagt Hans mit freudiger Stimme. „Diese Gemeinschaft mit anderen Läufern gibt mir sehr viel. Ich sehe dabei keine Konkurrenz zu den anderen, vielmehr versuche ich während des Rennens andere Läufer zu motivieren, sie zu unterstützen. Ich kann sagen, dass es mir bei einem Rennen dann am Besten gefällt, wenn es allen anderen Teilnehmer auch gut geht.“
So gesehen war die 13 für Hans Berger und seinen Kollegen Christoph Brugger eine echte Glückszahl. Genau so oft haben sie den Pfalzner Cross-Lauf nun schon erfolgreich über die Bühne gebracht und dabei sich und anderen Laufsport-Begeisterten ein kurzes, knackiges Rennen geboten, das auf abwechslungsreichem Terrain und in wunderschöner Landschaft vor allem ein freundschaftliches Stelldichein ist. Und wer daran zweifelt, dass beim Rennen in Pfalzen der Sportsgeist wichtiger ist, als die bloßen Rennresultate, der war noch nie bei der kleinen, feinen Feier im Restaurant Issinger Weiher dabei, die jedes Jahr traditionell den Abschluss des Pfalzner Cross-Laufs bildet. Dort haben jede Menge Laufbegeisterte auch 2018 ihre Leidenschaft für den Laufsport hoch leben lassen. (RAFE)