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Haus und Hof Managerin

„Ich bin überzeugt, dass der Beruf der Bäuerin an Vielfalt nicht zu übertreffen ist. Eine Bäuerin ist Botschafterin der bäuerlichen Kultur und kümmert sich um Haus und Hof“, betonte die Landesbäuerin Hiltraud Neuhauser Erschbamer anlässlich der Infoveranstaltung für die Bäuerinnenschule, die die Fachschule für Land-, Hauswirtschaft und Ernährung in Dietenheim gemeinsam mit der Südtiroler Bäuerinnenorganisation im Herbst 2018 zum zweiten Mal startet.

Die Klasse der Fachschule.

„In Südtirol gibt es 13.500 geschlossene Höfe von denen 88 Prozent von Männern und 12 Prozent von Frauen geführt werden. Die Änderungen des Höfegesetzes 2001 haben es möglich gemacht, dass Frauen den Hof übernehmen und die Tendenz ist steigend“, sagt Landesbäuerin Hiltraud Neuhauser Erschbamer stolz. Die Landesbäuerin weiß, dass auch heute noch 83 Prozent der Frauen „durch Heirat zur Bäuerin werden“ und dann vor „völlig neuen Herausforderungen stehen. Vor 30 Jahren war eine Bäuerinnenschule überhaupt kein Thema, aber heute ist es eines geworden“. Für diese neuen Herausforderungen brauche es auch „neue Wege um Bäuerin zu werden“. Dafür sei die Bäuerinnenschule da, so Hiltraud Neuhauser Erschbamer. „Die Ausbildung trägt dazu bei, dass die Arbeit am Hof leichter von der Hand geht. Die vielfältigen Arbeitsbereiche erfordern das nötige Fachwissen dazu kommt der Wandel in der Landwirtschaft, der verlangt neue Erwerbsmöglichkeiten zu finden. Manchmal kommt es zu Situationen, wo der Hof von der Frau von heute auf morgen übernommen werden muss“, zählt die Landesbäuerin auf. Nicht zuletzt sei die Bäuerin eine „Botschafterin der bäuerlichen Kultur und Tradition sowie der ländlichen Werte.“ Sie kümmere sich um Haus und Hof, betreue Gäste und biete andere Dienstleistungen an, führt Hiltraud Neuhauser Erschbamer aus. Der Berufstand der Bäuerin sei eine „sinnerfüllte Lebensweise“ und habe es verdient eine Aufwertung zu erfahren. Eine Umfrage, die die Südtiroler Bäuerinnenorganisation im Jahre 2012 durchgeführt hat, habe gezeigt, dass 86 Prozent der befragten Bäuerinnen diesen Beruf wieder wählen würden, trotz aller Mühen, die die Arbeit am Hof mit sich bringt. Die Umfrage zeigt weiter, dass 97 Prozent ihre Berufswahl schätzen: weil Naturverbundenheit, Eigenversorgung, Selbstständigkeit und Kinderbetreuung Hand in Hand gehen. Die Ausbildung habe nicht nur gesellschaftliches und persönliches Entwicklungspotenzial, sondern würde auch finanzielle Förderungen mit sich bringen. So etwa hätten die Absolventinnen der Bäuerinnenschule mit dem Abschluss die gleiche rechtliche Anerkennung wie jene des Lehrgangs für Junglandwirte in Südtirol, betont die Landesbäuerin.

BERUF BÄUERIN
„Das Aufgabengebiet einer Bäuerin reicht von der Organisation und Führung des bäuerlichen Haushaltes bis zu den Bereichen Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Nahrungsmitteln. Darüber hinaus wirkt sie partnerschaftlich an der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes mit. Sie leitet auch eigene Betriebszweige, zum Beispiel ‘Urlaub auf dem Bauernhof‘, erklärt die Schulleiterin der Fachschule für Land-, Hauswirtschaft und Ernährung in Dietenheim, Gertrud Nussbaumer das Tätigkeitsfeld einer Bäuerin. Aufbauend auf diese Grundgedanken habe man eine Ausbildung konzipiert, welche jungen Frauen Grundkenntnisse zur ländlichen Hauswirtschaft und zum landwirtschaftlichen Betrieb vermittelt. Die Ausbildung richtet sich an all jene, die am Bauernhof leben und in die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Haushalts und Betriebs eingebunden sind, führt die Schulleiterin aus.

ZWÖLF NEUE BÄUERINNEN
„Der erste Ausbildungslehrgang zur Bäuerin hat an unserer Schule von Herbst 2016 bis Juni 2017 stattgefunden. 13 Teilnehmerinnen haben den Lehrgang begonnen und zwölf von ihnen auch mit Diplom abgeschlossen. Es war eine junge und dynamische Gruppe, das Durchschnittsalter bei den Teilnehmerinnen lag bei ca. 30 Jahren“, berichtet Gertrud Nussbaumer. Die Teilnehmerinnen kamen aus verschiedenen Landesteilen Südtirols: Pustertal, Eisacktal, Bozen, Bozen Unterland und Vinschgau waren vertreten. „Insgesamt drückten die Anwärterinnen, jeweils donnerstags und freitags, für 293 Stunden die Schulbank und erfüllten noch dazu einen schriftlichen Arbeitsauftrag zu Hause“, erklärt Gertrud Nussbaumer das Ausbildungspensum für einen erfolgreichen Abschluss. Darin sei es wichtig, vorerst die aktuelle familiäre und wirtschaftliche Situation des landwirtschaftlichen Betriebes zu erörtern und anschließend Überlegungen zur Betriebsentwicklung  in Bezug auf Haupt-, Zu- und Nebenerwerbszweig in den nächsten zehn Jahren zu tätigen. Die eigenen Tätigkeiten und die eigene Entwicklung innerhalb des Betriebes  seien in dieser Abschlussarbeit ebenfalls wichtig, so die Fachlehrerin. „Diese Facharbeit wurde in der Prüfung vorgestellt und anschließend noch Fragen der Kommission beantwortet.“

AUSBILDUNGSBEGINN: HERBST 2018
Aus den Erfahrungen des ersten Lehrganges habe man gelernt und diese in das neue Unterrichtsprogramm gepackt: „Wir haben laut den Rückmeldungen der Absolventinnen Lerninhalte verschoben, so sind zum Beispiel bei den Fächern Landtechnik, Gartenbau und Sonderkulturen Stunden aufgestockt worden“, erklärt Gertrud Nussbaumer anlässlich der Infoveranstaltung für den neuen Kurs an der Fachschule, der im Herbst 2018 zum zweiten Mal startet. Gespannt warten an die 17 neue Interessierte im Saal der Fachschule, bis die Unterrichtsinhalte erklärt werden. „Das Pflichtmodul der Bäuerinnenschule vermittelt Wissen über Haus und Hof: so beispielsweise gibt es Module zur Bodenkunde oder dem bäuerlichen Hausgarten, Referate zur Betriebswirtschaft oder Landmaschinenkunde oder Schulungen zur Lebensmittelkunde, Textilverarbeitung, Wäschepflege und der Reinigung im Haushalt. Beim Wahlpflichtmodul können die Teilnehmerinnen zwischen Viehwirtschaft, Obstbau, Weinbau oder Ackerbau auswählen. Außerdem gibt es noch zusätzliche Produktverarbeitungsmodule für Fleisch, Milch, Imkerei, Obst und Gemüse, Brot und Gebäck“, erklärt Gertrud Nussbaumer und nennt noch einige Fakten: „Der Kurs kostet 700 Euro und umfasst insgesamt 300 Stunden zu jeweils 60 Minuten. Auch eine Unterkunft in der Schule ist möglich. Die Teilnahme ist mit 20 Teilnehmerinnen allerdings begrenzt.“ Einzigartig an der Bäuerinnenschule sei, dass es der erste Lehrgang in Südtirol ist, wo hauswirtschaftliche und landwirtschaftliche Inhalte zusammen unterrichtet werden, betont die Schullleiterin.

 

Absolventinnen des ersten Lehrganges im Interview

 

Verena Niederkofler.

Verena Mulser.

 

Verena Niederkofler und Verena Mulser sind Absolventinnen des ersten Lehrganges der Bäuerinnenschule 2016/17. Der Puschtra hat mit den Bäuerinnen über Ihre Eindrücke gesprochen.
Puschtra: Warum hast du dich für die Bäuerinnenschule entschlossen?
Verena Niederkofler: Ich wollte etwas Neues lernen. Man lernt ja nie aus und die Bäuerinnenschule ermöglichte mir Einblick in verschiedenste Bereiche. Mich interessierte vor allem der Obst- und Weinbau, dieser Bereich war für mich ganz neu.
Verena Mulser: Ich war kurz davor den Hof meines Vaters zu übernehmen und hatte mich eigentlich schon für den Junglandwirtekurs gemeldet. Dann hörte ich von der Bäuerinnenschule und fand das Konzept des Lehrgangs sehr interessant. Der ausschlaggebende Punkt war für mich die Stundeneinteilung. Zwei Tage pro Woche waren für mich einfacher zu organisieren als mehrere Wochen am Stück.

Wurden deine Erwartungen erfüllt?
Verena Niederkofler: Ja, absolut. Das vielfältige Ausbildungsprogramm, die vielfältigen Themen und Angebote sind wirklich top, fachlich als auch in der Praxis. Es wurde nie langweilig. Zudem waren wir eine tolle Gruppe. Der Austausch untereinander, die Gespräche – das bereichert wirklich sehr.
Verena Mulser: Ja.

Was waren die ersten Veränderungen, die du bei dir am Hof umgesetzt hast?
Verena Niederkofler: Ich habe gleich zu Beginn das Erlernte im Haushalt umgesetzt, vor allem beim Kochen und Einkochen von Obst und Gemüse. Das macht auch Spaß, einfach weil jetzt jeder Handgriff passt und ich das nötige Fachwissen dazu habe.
Verena Mulser: Ich habe einiges ausprobiert, hauptsächlich in Garten und Küche. Die größte Veränderung ist aber momentan, der Umbau vom Anbindestall zum Laufstall.

Welche Themenbereiche haben dich besonders interessiert?
Verena Niederkofler: Eigentlich alle Querfeld ein – ob Buchführung, Bodenkunde, Landmaschinenkunde, Wäschepflege oder Lebensmittelkunde – jeder Bereich ist interessant und auch wichtig.
Verena Mulser: Alles zur Viehaltung und alles rund ums Thema Garten und Lebensmittelverarbeitung.

Welche Wahlfächer hast du gewählt?
Verena Niederkofler: Ich entschied mich für Getreide und Brot, einfach weil mich das sehr interessiert.
Verena Mulser: Wahlpflichtfach: Viehhaltung. Wahlfächer: Milchverarbeitung, Obst und Gemüse, Brot und Gebäck.

Die Ausbildung beinhaltet Land- und Hauswirtschaft gleichzeitig. Was liegt dir mehr?
Verena Niederkofler: Ich kann nicht sagten, dass mir ein Bereich mehr liegt. Das eine ohne das andere geht nicht. Für mich ist die Landwirtschaft als auch die Hauswirtschaft gleich wichtig und ich interessiere mich für beide Bereiche.
Verena Mulser: Schwierig zu sagen was mir mehr liegt. Ich interessiere mich für beides und arbeite auch zu Hause in beiden Bereichen. Die Mischung macht es aus.

Du hast die erste Einheit der Bäuerinnenschule besucht, die in Südtirol angeboten wurde. Gibt es Änderungsvorschläge deinerseits?
Verena Niederkofler: Eigentlich nicht, die Bäuerinnenschule ist so wie sie ist eine fundierte Ausbildung für Frauen, die sich für die Landwirtschaft interessieren. Nur weiter so!
Verena Mulser: Am Ende das Lehrgangs hatten wir eine Evaluierung, wo wir unsere Änderungsvorschläge platzieren konnten. Meiner Meinung nach sollten für die Wahl- und Wahlpflichtfächer mehr Stunden zur Verfügung stehen.
(TL)