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Unsere Hygienekontrollen

ZUM SCHUTZ VOR KRANKMACHENDEN KEIMEN

Fälle von mit EHEC-Bakterien infizierten Kleinkindern brachten jüngst auch das Pustertal in Aufregung. Dass sich liebe Menschen in unserem Umfeld oder wir uns selbst mit einem potentiell tödlichen Keim infizieren könnten, gehört wohl mit zu unseren größten Ängsten. Gefahrenquellen lauern überall dort, wo Krankheitserreger in unseren Körper gelangen und dort verheerend wirken können. Um Infektionen über Lebensmittel, Getränke und Wasser weitgehend auszuschließen, bemühen sich unsere Hygieneinspektoren.

„Wir führen Hygienekontrollen durch in sämtlichen Betrieben des Pustertals, die mit Lebensmitteln arbeiten, zur Gewährung der Lebensmittelsicherheit, damit diese bedenkenlos zum Verzehr geeignet sind. Kontrollen müssen auf allen Stufen der Lebensmittelgewinnung und Vermarktung durchgeführt werden: Produktionsbetriebe, Großhandel, Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte, Restaurants, Pizzerien, Schul- und Kindergartenmensen, Schutzhütten, Almhütten, Anbau von Obst, Gemüse, Beeren bis hin zu Kräutern. Im Bereich der Lebensmittelkontrollen werden von unserem Dienst für Hygiene etwa 2.500 Betriebe kontrolliert. Zudem unterliegen uns auch die Hygienekontrollen in Schönheitssalons, Wellnesseinrichtungen, Friseurgewerbe, Tattoo- und Piercing-Studios, private und öffentliche Gesundheitseinrichtungen“, informiert Thomas Kofler, Koordinator Dienst für Hygiene und öffentliche Gesundheit im Gesundheitsbezirk Bruneck. Bei den Lebensmittelkontrollen arbeite der Dienst für Hygiene eng mit dem Tierärztlichen Dienst Bruneck zusammen, wie Marco Goldwurm, Hygieneinspektor für tierische Lebensmittel, näher ausführt: „Etwa 500 von den 2.500 Pustertaler Lebensmittelbetrieben werden von unsern beiden Diensten gemeinsam kontrolliert und weitere 300 davon fallen alleine in den Kontrollbereich des Tierärztlichen Dienstes. Wir sind für jene Betriebe zuständig, die mit Lebensmitteln tierischer Herkunft arbeiten. Dazu gehören: Fleisch, Fisch, Eier, Honig, Milch und Futtermittel. In Großküchen, Mensen, Restaurants usw. führen wir die Kontrollen gemeinsam durch, also überall dort, wo sowohl Lebensmittel tierischer wie nicht tierischer Herkunft verarbeitet werden. In Sennereien, Käsereien, Metzgereien, bei Honigproduzenten, bei der Milchproduktion, der Herstellung von Speiseeis und auch Futtermittel sind wir alleiniges Kontrollorgan. Im Gesetz wird explizit angeführt: Alles, was an Dritte weitergeht, unabhängig davon, ob es verkauft oder abgegeben wird, untersteht der Hygienekontrolle und muss folglich den gesetzlich vorgeschriebenen Hygienestandards entsprechen.“ Eventuelle Gefahren, sich mit krankmachenden Keimen zu infizieren, lauern neben den Lebensmitteln und Getränken auch im Wasser, welches mitunter besonders schnell in Verruf gerät, werden Fälle von Infektionen im Magen-Darm-Trakt unbekannter Herkunft bekannt. „Uns stört, wenn unser Trinkwasser schlecht gemacht wird, indem bei Vorkommnissen wie den jüngsten EHEC-Fällen sofort die Wasserhygiene in Frage gestellt wird. Wir haben im Pustertal eine super Trinkwasserqualität mit sehr guten Strukturen, wofür den Gemeinden ein Lob gebührt. Deren Investition in Bauwerke an der Wasserquelle, den Wasserspeicher und in das Leitungsnetz ist vorbildlich. Trinkwasser mit Absicht stark zu verunreinigen ist bei uns praktisch nicht möglich und viel zu aufwendig. Bei unserem Trinkwasser müssen strenge Hygienestandards eingehalten werden, welche von uns überprüft werden. Das Wasser muss sauber und frei von Krankheitserregern sein. Das bedeutet aber nicht, dass das Wasser keimfrei bzw. steril ist. Jedes Wasser enthält für Menschen ungefährliche Keime. Im Pustertal haben wir aber zur Unbedenklichkeit des Leitungswassers auch noch den Anspruch, dass unser Wasser aus der Leitung zum Trinken geeignet ist, und damit nicht gechlort ist. Natur pur – von der Quelle bis zum Wasserhahn!“, betonen die Wasserhygieneinspektoren Paul Huber und Armin Oberlechner, die im Gesundheitsbezirk Bruneck für die Hygiene des Trinkwassers, ein Teilbereich des Dienst für Hygiene und öffentliche Gesundheit, zuständig sind.

WAS WIRD KONTROLLIERT
„Unser größter Aufgabenbereich sind die amtlichen Hygienekontrollen in den Lebensmittelbetrieben. Diese Kontrollen müssen ohne Vorankündigung und in angemessener Häufigkeit erfolgen. Wir inspizieren die Eignung der Betriebsräume, der Ausrüstung und der Maschinen, kontrollieren die Rohstoffe, die Zusatzstoffe, die Zwischenerzeugnisse und das Endprodukt sowie deren Lagerbedingungen. Dabei ist sehr wichtig, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird und dass Schutzvorrichtungen gegen Kontaminationen gegeben sind. Wir prüfen den Reinigungszustand und die Reinigungs- und Desinfektionsverfahren, die Personalhygiene und die Personalschulung, die Systeme der Schädlingsüberwachung und Schädlingsbekämpfung, den Herstellungs- und Verarbeitungsprozess und die korrekte Etikettierung der Lebensmittel. Was auf den Lebensmitteln steht, ist nicht zufällig gewählt. Die Rückverfolgbarkeit muss garantiert sein. Und wir prüfen die Einhaltung des vom Unternehmer schriftlich erstellten HACCP-Plans. 1997 ist diese Eigenkontrolle der Betriebe eingeführt worden. Die Hauptverantwortung für die Lebensmittel liegt nun beim Lebensmittelunternehmer, welcher durch betriebsinterne Kontrollmaßnahmen die Sicherheit seiner Produkte für den Endverbraucher garantieren muss“, erläutert Kofler. Die Sensibilität der Rohstoffe bedinge häufigere Kontrollen bei Lebensmitteln tierischer Herkunft, so Goldwurm: „Metzgereien zum Beispiel werden jährlich mehrmals kontrolliert. Dabei werden größere Betriebe häufiger einer Kontrolle unterzogen als kleinere, ganz einfach deshalb, weil ein größerer Betrieb eine weit größere Anzahl an Endverbrauchern versorgt. Im Rahmen der Kontrolltätigkeit werden auch Proben der Lebensmittel entnommen, die im Labor auf verschiedene mikrobiologische Keime und chemische Rückstände hin untersucht werden. Auf diese Weise ist eine gewisse Überwachung des Territoriums gegeben.“ „Die Überprüfung des Trinkwassers umfasst die Analyse des Wassers, die Kontrolle der Wasserversorgungsanlagen sowie die Beurteilung der örtlichen Situation bei der Quelle oder dem Tiefbrunnen. In unserem Einzugsgebiet der 25 Pustertaler Gemeinden gibt es 116 öffentliche Trinkwasserleitungen, 287 Trinkwasserleitungen im öffentlichen Interesse (Almen, Schutzhütten, Berggasthäuser usw.) und unzählige private Trinkwasserleitungen. Alle Leitungen werden fast zur Gänze mit Quellwasser gespeist. In der Regel ist das gewonnene Trinkwasser mikrobiologisch und chemisch einwandfrei und muss keiner physikalischen oder chemischen Behandlung unterzogen werden. Zudem führen wir Ortsaugenscheine in öffentlichen Schwimmbädern und Badeteichen durch und überwachen die Badewasserqualität“, so die Wasserhygieneinspektoren.

Marco Goldwurm, Hygieneinspektor für tierische Lebensmittel:
„Unsere Funktion ist heute eine beratende.“

GEFÜRCHTETE LEGIONELLEN
„In Mitteleuropa sind die Legionellen, Bakterien, die Lungenentzündung verursachen können, inzwischen die Nummer eins der durch Trinkwasser assoziierten Erkrankungen. Auch bei uns sind vermehrt Fälle gemeldet worden. Legionellen finden sich im Warmwasser. Zwei Hauptfaktoren sind für ihr Vorkommen verantwortlich, einmal die Stagnation, was der Fall ist bei Leitungen mit langen Stillstandszeiten, etwa in Ferienwohnungen, und bei zu niederer Wassertemperatur. Erst das Einatmen bakterienhaltigen Wassers als Aerosole beim Duschen, bei Klimaanlagen, durch Rasensprenger und in Whirlpools kann zur Infektion führen. Ganz allgemein kommt die Trinkwasserhygiene in Gebäuden meist zu kurz. Auch Klimahäuser bilden hier oft keine Ausnahme, da dort die Energieeinsparung im Vordergrund steht. Legionellen sterben aber erst bei hohen Wassertemperaturen ab. Falsche Planung und Installation von Wasserleitungen in großen Gebäuden, man denke nur an Kindergärten und Schulen, sind auch für die häufige Feststellung verantwortlich, dass das Wasser nicht bekömmlich sei, zu warm und zu abgestanden. Lange, schlecht isolierte Leitungen beeinträchtigen entschieden den Geschmack von Wasser“, präzisieren Huber und Oberlechner.

Thomas Kofler, Koordinator Dienst für Hygiene und öffentliche Gesundheit:
„Guter Hygienestandard in den Betrieben. In Einzelfällen verbesserbar.“

GEFÜRCHTETE HYGIENEINSPEKTOREN
„Der Hygienestandard in den lebensmittelverarbeitenden Betrieben hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Über den Sommer war es früher normal, dass wir monatlich 20 Salmonellose-Fälle hatten. Heute ist das stark reduziert. Die Tierhaltungs- und Schlachthygiene hat sich verbessert, auch die Kühlketten werden eingehalten. Aber auch unsere Tätigkeit hat sich geändert. Früher hat man uns gefürchtet. Mit einer Hygienekontrolle wurden nur Strafen und Kosten assoziiert. Heute werden wir nicht mehr als strafende ‚Ordnungshüter‘ gesehen, sondern man wendet sich an uns um Rat. Das stärkt das Vertrauensverhältnis und wirkt sich positiv auf den Betrieb aus. Rückrufaktionen aufgrund von Hygienemängeln sind äußerst selten geworden. Da für den Gesetzgeber die Gesundheit der Bürger ein oberstes Anliegen ist und die Vergehen mit teilweise drakonischen Strafen einhergehen, kam es in meiner Anfangszeit ab und zu vor, dass Betriebsinhaber erfolglos versuchten, uns durch Präsente milde zu stimmen. Dies kommt heute nicht mehr vor. Unsere Funktion ist heute in erster Linie eine beratende. Meist werden Anfragen an uns bereits bei der Planung, z. B. einer Metzgerei oder einer Hofkäserei, gerichtet. Wenn bereits beim Bau die diversen Hygieneauflagen mit eingeplant werden, erspart das dem Betriebsinhaber im Nachhinein Unannehmlichkeiten und teure Umbaukosten“, so Goldwurm.

Armin Oberlechner und Paul Huber (v. l.), Wasserhygieneinspektoren:
„Unsere hohen Standards garantieren beste Trinkwasserqualität.“

GEFÜRCHTETE HORRORSZENARIEN
„Im Allgemeinen sind die Hygienebedingungen in unseren Lebensmittelbetrieben gut, und es werden meist nur geringe Mängel festgestellt. Trotzdem kommt es vor, dass wir von großen Hygienemängeln überrascht werden, die die Anwendung von sofortigen Sanktionen und Maßnahmen erfordern. Mein schlimmstes Erlebnis, bei dem der Betrieb eingestellt wurde, war in einem Skigebiet. In dem Restaurant fehlten die Kühlvorrichtungen. Die Speisen wurden in Behältnissen ohne Abdeckung in einer angebauten Holzhütte gelagert. Dieser Raum war voll von Mäusekot und zahlreiche Speisen waren verschimmelt!“, erinnert sich Kofler. Gefürchtete Szenarien sind für Goldwurm „Lebensmittelinfektionen, bei denen sich nicht feststellen lässt, wo sie ihren Ausgang nahmen. Wenn die Kontrollen auf Hochtouren laufen, immer neue Erkrankte dazu kommen und man keinen gemeinsamen Nenner findet, wie bei den jüngsten EHEC-Fällen. Nach den Angaben bei der Betroffenenbefragung haben wir Lebensmittelproben gezogen vom Speiseeis bis zu den rohen Würsten. Wir haben die Quelle nicht gefunden. Alle Proben waren einwandfrei.“ Der Verdacht, dass der EHEC-Erreger über das Wasser verbreitet worden sei, ging an die Wasserhygieneinspektoren der Dienststelle in Bruneck: „EHEC ist ein Keim, der hauptsächlich von den Wiederkäuern ausgeschieden wird. Die Übertragung kann über die Nahrung erfolgen, von Mensch zu Mensch, von Tier zu Mensch und theoretisch auch über das Trinkwasser. Die mit EHEC verseuchten Fäkalien müssten dafür quasi direkt in die Trinkwasserquelle gelangen, was bei unserem hohen Standard der Trinkwasserversorgung äußerst unwahrscheinlich ist. Und so haben die von uns entnommenen Wasserproben unsere Überzeugung nur bestätigt: Es wurden keinerlei Verunreinigungen festgestellt!“ Die Hauptgefahren in der Trinkwasserhygiene seien, so Huber und Oberlechner, „dass die Schutzbestimmungen in den Trinkwasserschutzgebieten nicht eingehalten werden, wenn z. B. übermäßiges Ausbringen von Gülle oder falsche Beweidung zu Wasserverunreinigung führt. Wettereinflüsse, wie Starkregen, Muren, Steinschlag, können ebenso das Wasser mikrobiologisch verunreinigen. Weshalb bei Oberflächenwasser, wo Krankheitserreger immer möglich sind, stets Vorsicht geboten ist. Das Quellwasser dagegen ist in der Regel sauber.“ (SP)