Denkmalschutz für Bergbauernhof in Rein

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Denkmalschutz für Bergbauernhof in Rein

Rein in Taufers hat ein Baudenkmal erhalten: Der in extremer Steillage gelegene Kofler Hof wurde unter Denkmalschutz gestellt. Der Bergbauernhof ist ein klassischer Paarhof, der Bauschätze aufweist, die bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. Der hat die Familie Seeber/Oberhauser auf 1780 Metern besucht.

„Das Wohngebäude ist von der Familie Steinkasserer um 1690 erbaut worden, das Wirtschaftsgebäude stammt aus dem Jahre 1873. Bevor meine Großmutter auf den Hof kam, ist dieser der Familie Großgasteiger übergeben worden“, erzählt Irmi Oberhauser, die jetzige Besitzerin und Jungbäuerin des Kofler Hofes. Ihre Großmutter, Anna Seeber, sei mit ihren zwei kleinen Kindern Waldtraud und Elisabeth 1973 auf den in 1780 Metern gelegenen Hof in Rein in Taufers angekommen, den sie von ihrem Onkel in Leibrente übernommen und bewirtschaftet hat. Der Vater der beiden Kinder starb früh und so hieß es für die drei Frauen hart anpacken. „Die Felder in extremer Steillage müssen auch heute noch teils mit der Hand gemäht werden“, erzählt Waldtraud Seeber, die in ihrer Kindheit gemeinsam mit ihrer Schwester zwei Stunden täglich an Fußmarsch in die Schule bewältigen musste. Ebenso habe es kein Licht, keinen Strom und keine Straße zu dieser Zeit gegeben. „Die Zufahrtsstraße wurde erst 1992 erbaut. In diese Zeit fallen auch die Sanierungsarbeiten am Haus, die so leichter durchgeführt werden konnten. So wurde der Stall mit neuen Dachschindeln versehen und andere allfällige Reparaturen durchgeführt“, erzählt Waldtraud Seeber, die den Hof 2009 von ihrer Mutter Anna übernommen hat und ihn 2018 wiederum an ihre Tochter Irmi Oberhauser übergeben hat. Irmi führt den Paarhof nun in dritter Generation und hat den Denkmalschutz für den geschichtsträchtigen Hof beim Denkmalamt beantragt. Genaueres zur Geschichte der Familie will die Juniorbäuerin noch in Erfahrung bringen.

Klassischer Paarhof
Vom Landesdenkmalamt wird der Kofler Hof als “ortsbildprägenden Paarhof“ bezeichnet. Die Datierungen im Wohnhaus werden laut den Experten im Denkmalamt eine zeitliche Einordnung in die Jahre 1609 und 1875 zulassen. „In der Stube zeigt sich im Rahmen der Stubentür die Jahreszahl 1690, die Decke und die Tür weißen historische Bemalungen auf“, beschreibt die Hofbesitzerin. Zudem hätten die Mitarbeiter im Landesdenkmalamt bei der Begutachtung des Hofes vor Ort einen gemauerten Ofen samt Ofenbank und Täfelungselemente aus verschiedenen Bauphasen in der Stube des Feuerhauses vorgefunden. Ebenso als Besonderheit gilt ein nicht unterkellertes gemauertes Erdgeschoss mit einem Obergeschoss in Blockbauweise und eine Rauchküche mit Stichkappengewölbe. „Das Feuerhaus wurde immer wieder angepasst, da man ja auch darin wohnen musste, interessant ist vor allem auch das große Futterhaus in Blockbauweise. Im Holz der Stadeltür ist die Jahreszahl 1886 eingeschnitzt“, berichtet Irmi Oberhauser. Über die Entscheidung den Hof unter Denkmalschutz zu stellen sind nicht nur die Besitzerin und ihre Mutter glücklich. Vor allem sei Oma Anna froh darüber, dass sie an diesem Ort, wo sie ein Leben lang gearbeitet und gelebt hat, weiter wohnen darf, sagt die Juniorbäuerin.

Für Generationen erhalten

Vier Generationen an einem Tisch: Waltraud Seeber, Irmi Oberhauser mit Sohn Raphael und Großmutter Anna Seeber (v.l.).

Auch Landesrätin Hochgruber Kuenzer „freut die Entscheidung diesen Hof auf Antrag der Besitzerin unter Schutz zu stellen“, wie sie gegenüber der Presse bekundete. Auf ihren Vorschlag hin hat die Landesregierung am 15. Dezember 2020 das kulturelle Interesse festgestellt und einer direkten Denkmalschutzbindung zugestimmt. „Mit dieser Entscheidung wird der Kofler Hof für die nächsten Generationen erhalten“, sagt die Landesrätin, „als eine Brücke der Vergangenheit in die Zukunft.“ Zugleich sei dieser Akt ein Ausdruck für den Respekt seiner Bewohner gegenüber ihren Vorfahren und auch gegenüber historischen Bauweisen. Einen Hof unter Schutz zu stellen bedeute „über das Materielle hinaus eine ideelle Wertschätzung“, so Hochgruber Kuenzer weiter. „Im Reintal hat es bis jetzt keinen historischen Bauernhof gegeben, der denkmalgeschützt war“, betont hingegen die Landeskonservatorin Karin Dalla Torre, die den Hof vor Ort unter Augenschein genommen hat. „es ist wichtig, dass die Denkmalliste im ganzen Land hervorragende Beispiele für jede Denkmaltypologie festhält. Die jahrhundertealten, bewohnten und bearbeiteten Bauernhöfe sind das Alleinstellungsmerkmal unserer Denkmallandschaft und erzählen von den erfolgreichen Überlebensstrategien unserer Vorfahren, die gerade in Krisenzeiten eine neue Relevanz für uns bekommen und weitererzählt werden. „Der Kofler Hof sei ein klassischer Paarhof mit zwei parallel aufgestellten Gebäuden. Besonders schützenswert ist die jahrhundertealte Struktur des Futterhauses.“

 

 

 

Interview mit dem Bezirksobmann des Heimatpflegeverbandes
Pustertal, Albert Willeit.

Puschtra: Der Kofler Hof ist der erste denkmalgeschützte Hof im Reintal. Was war Ihre erste Reaktion auf diese Nachricht?

Der Bezirksobmann des Heimatpflegeverbandes Pustertal, Albert Willeit.

Albert Willeit: Ich habe mich darüber sehr gefreut. Gerade wir als Heimatpflegeverband setzen uns ja seit jeher für den Schutz und die Erhaltung historischer Gebäude ein. Dennoch sind in den letzten Jahrzehnten unbegreiflich viele alte Häuser und Höfe abgerissen und durch oftmals schlechte Neubauten ersetzt worden. Dementsprechend hat sich das Orts- und Landschaftsbild in unseren Dörfern und Tälern immer mehr zum Negativen verändert.

Welche Bedeutung hat diese Unterschutzstellung für die Denkmallandschaft im Ahrntal/Pustertal?
Es ist ein wichtiges Signal, um auf die Bedeutung von ortstypischen historischen Höfen hinzuweisen. Es geht zwar weniger um die rechtliche Unterschutzstellung eines Gebäudes, vor der viele Besitzer Angst haben, als vielmehr um den Erhalt wertvoller geschichtlicher Zeugnisse unserer Baukultur. Deshalb müsste unbedingt verstärkt dafür geworben und vermehrt Anreize für Sanierungen von historischer Bausubstanz durch erhöhte Beiträge geschaffen werden.

…und für die nachkommende Generation auf dem Hof?
Besitzer, die den Wert ihres architektonischen Erbes wahrnehmen, werden sich bemühen, dieses mit Leben zu füllen und damit an der langen Geschichte des Hofes und der eigenen Familie weiterzuschreiben und in eine gute Zukunft zu führen. Dafür gebührt ihnen auch ein Dank der Allgemeinheit.

Wurden im Pustertal nicht schon viele Höfe saniert?
Ja viele, doch leider wird zu oft Etikettenschwindel betrieben, da der Abbruch und Neubau eines Gebäudes irreführend und beschönigend als Sanierung bezeichnet wird. Das sollten die Behörden endlich ändern, denn manche Neubauten mit ihren globalisierten Stilelementen und Materialien sind oftmals nur mehr schlechte Karikaturen historischer Gebäude. Echte Sanierungen hingegen sollten umso stärker gefördert werden.

Warum ist hier eine Unterschutzstellung gelungen?
Es war wohl eine glückliche Fügung. Ex-Senator Hans Berger hat ein Inserat der Besitzer zum Verkauf des Altholzes gelesen und hat sich daraufhin eingesetzt, um den Hof vor dem verordneten Abbruch zu retten. Mit einer Unterschutzstellung gelang der Ausweg. Dafür ist ihm zu danken.

Könnte dieses Vorgehen Beispielcharakter haben?
Viele Besitzer werden am Zugewinn von Kubatur sehr interessiert sein, doch nicht überall ist das sinnvoll, weil es von der Bedeutung und Wertigkeit eines Gebäudes abhängt. Man muss auch aufpassen, dass solche Schachzüge nicht zur reinen Spekulation mit Baumasse werden. Für die Möglichkeit zur Errichtung eines zusätzlichen Neubaus muss die zwingende Auflage verbunden werden, dass das alte Haus saniert wird und bei einem Abbruch die Kubatur verlorengeht.

Wie könnte die weitere Vorgangsweise aussehen?
Gerade an der Unterschutzstellung des Koflerhofes hat man gesehen, dass sehr viele Menschen freudig und zustimmend darauf reagiert haben. Deshalb sollte man nun zur Rettung weiterer historischer Höfe und Ensembles eine gemeinsame Plattform mit Bauernbund, Denkmalpflege, Landschaftsschutz und Forst erstellen. Wir machen da gerne mit. (TL)

Vielen Dank für das Gespräch! (TL)