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Vegan und Sport?

Pustertal – Vegan! Noch vor wenigen Jahren wurden die vereinzelten, etwas sonderbar erscheinenden Veganer von den meisten SüdtirolerInnen belächelt – in der „Tiroler Bauernkuchl“ hat etwas Veganes keinen Platz! Diese Zeiten sind vorbei! Immer mehr, vor allem junge Leute, ernähren sich mittlerweile vegan; wie auch so mancher SportlerIn. Doch geht das, ein veganer Speiseplan und Leistung? Ernährungsexpertin und -Wissenschaftlerin Hanna Thuile klärt auf!

Ganz und gar auf tierische Produkte verzichten und dennoch das Beste für den Körper und die sportliche Leistungsfähigkeit aus der Ernährung rausholen? Klingt am Anfang nicht besonders berauschend! Doch immer mehr Athleten und Athletinnen schwören auf die vegane Kost; Formel 1-Weltmeister Lewis Hamilton, Tennis-Superstar Serena Williams, Fußballweltmeisterin mit den USA Alex Morgan und die Liste geht noch weiter, sind alle Veganer. Es gibt sogar vegane Gewichtheber und Boxer. „Die Offenheit und Akzeptanz rund um die vegane Ernährung werden immer größer. Viele wollen ihren Speiseplan erweitern, das freut mich!“, sagt Ernährungstherapeutin Hanna Thuile.
Gründe, um auf vegan umzustellen sind vielseitig. Von der sportlichen Perspektive aus betrachtet interessiert vor allem die gesunde, nährstoffreiche Ernährung, Leistungsverbesserung und eventuelle Gewichtskontrolle. Viele Profi- und FreizeitsportlerInnen schrecken aber Fragen ab, wie: Bekomme ich genügend Eiweiß? Kann ich mich trotzdem schnell Regenerieren? Was ist mit der Vitaminpallette? „In der Tat sind das die Hauptängste in der Ernährungsberatung. Das Vorurteil von nicht genügend Proteinen schwirrt immer noch herum“, berichtet Thuile aus ihren Erfahrungen. Doch mit etwas Hintergrundwissen und Planung sei es leicht machbar, sich rein vegan zu ernähren und trotzdem alle notwendigen Mikro- und Makronährstoffe für die sportliche Tätigkeit zu bekommen, sagt sie. Die vegane „Pflanzen-Power“ bietet grundsätzlich eine breite Nährstoffvielfalt, weniger gesättigte Fettsäuren als tierische Nahrung, enthaltet sekundäre Pflanzen- und Mineralstoffe die wichtig für die Erholung und Leistung des SportlerIn sind. Doch aufgepasst, vegan bedeutet nicht gleich gesund oder besser! „Wie bei jeder Ernährungsform gilt es für Veganer dieselben Grundsätze einzuhalten: Ausgewoge, vielfältige und abwechslungsreiche Kost soll auf den Teller! Jeden Tag nur Nudeln mit Tomatensoße ist auch vegan, aber bei weitem nicht ausreichend für einen SportlerIn!“ Von stark verarbeiteten und einseitigen Produkten ratet die Expertin ab: „Durch die vielen Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker und Gewürze sind dort die Kalorien meistens hoch und die Nährstoffwerte gering!“. Wie kommt ein veganer AthletIn also an die wichtigen Nährstoffe? „Es ist wirklich nicht kompliziert!“, sagt Thuile. „Die richtige Kombination von Proteinen mit passenden Kohlenhydraten macht es aus.“ So können proteinreiche Lebensmittel wie etwa Hülsenfrüchte mit verschiedensten Kohlenhydratquellen auf den Teller gebracht werden. Vollkorn- und ungeschälte Produkte bieten sich besonders an: Reis, Couscous, Quinoa, Amaranth, Bulgur, Kartoffeln…. „Durch die Zusammensetzung verschiedener Inhaltsstoffe ist die Aminosäuren-Variation und die biologische Wertigkeit hoch und somit alle essenziellen Proteine für den Körper vorhanden“, erklärt Thuile. Einige Spurenelemente und Mikronährstoffe wie: Kalzium, Zink, Jod, Selen, Vitamin D, B12 und Omega 3 Fettsäuren seien bei veganer Ernährung Mangelware, sagt die Expertin. „Chia-, Lein- oder Hanfsamen enthalten Omega 3, ähnlich wie Öle, zum Beispiel Rapsöl. Jod und Vitamin D liefern Algen, Vollkornprodukte sind zudem wichtig. Einzig Vitamin B12 sollte bei Sportlern unbedingt supplementiert werden!“, warnt Thuile.
Ein Ernährungsplan im Alltag könnte wie folgt ausschauen: Zum Frühstück Porridge mit veganer Milchalternative, am besten ungesüßte Sojamilch mit extra Kalzium, das wichtig für den Knochenstoffwechsel ist, und in pflanzlichen Produkten kaum zu finden ist! „Nicht jede vegane Milch ist optimal als Kuhmilch-Ersatz. Mandel-, Hafer-, Erbsen- oder Kastanienmilch haben alle nicht genügend Eiweiß enthalten um als Proteinquelle zu dienen“, macht Thuile aufmerksam. Das Porridge mit Obst und Nüssen kombinieren und schon ist der Bedarf an Eiweiß, Vitaminen und Kohlehydraten für den Start in den Tag gedeckt. Fürs Müsli im Jogurt auf Sojabasis gilt dasselbe Prinzip. „Diese Art von Frühstück ist sehr ballaststoffreich, was für eine ausgewogene Darm-Flora super ist, kurz vor dem Training oder Wettkampf aber nicht unbedingt förderlich ist“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin und fügt hinzu: „Vor dem Wettkampf sind schnelle und leicht verdauliche Kohlenhydrate wichtig. Gries aus Weizenmehl ist da eine tolle Wahl, ansonsten tut es auch das einfache Brot mit Marmelade. Und immer mindestens zwei bis drei Stunden vorher frühstücken, um der Verdauung genügend Zeit zu lassen!“
Nach dem Training kann ein bunter Linsensalat mit Fladenbrot zubereitet werden, geht schnell und ist appetitlich. Ein großes Thema in der veganen Ernährung ist die Sojabohne. Hier nimmt die Expertin die Angst: „Soja ist eine super Protein-Quelle. Gentechnische Behandlung ist für den menschlich-bestimmten Verzehr in Europa nicht zugelassen, also beim Kauf immer auf das Bio-Siegel achten.“ Soja enthält Phytoöstrogene, die dem weiblichen Sexualhormon ähneln. „Stimmt, diese haben allerdings nicht dieselbe Wirkung. Männer könnten auch dreimal am Tag Soja zu sich nehmen und es würde nichts passieren, also ist diese Angst unbegründet!“, lacht Thuile. Soja gibt es in vielen Formen und Varianten: Flocken, Granulat oder als Tofu. Tofu ist besonders im asiatischen Raum sehr beliebt und zählt zu den gesündesten Lebensmitteln. Es wird aus gekochten Sojabohnen gemacht und hat eine ähnliche Struktur wie Quark. „Tofu schmeckt erstmal nach nichts. Ihn lecker zuzubereiten ist etwas für erfahrene Veganer, es kann in der Pfanne scharf angebraten werden oder im Mixer als Aufstrich verarbeitet werden. Mein Tipp: Kräuter-, Räucher-, Erdnuss- oder Currytofu ausprobieren!“, sagt Thuile. Was veganen Käse oder vegane Wurst angeht ist die Ernährungswissenschaftlerin eher skeptisch: „Es sind nicht alle schlecht, aber vorab sollte unbedingt die Zutatenliste auf der Verpackung kontrolliert werden! „Veggie-Käse“ besteht oft nur aus Kokosöl, was einen sehr hohen Fettanteil hat. Burger-Patties sind da eine gesündere Alternative, am besten gleich selbstgemachte!“, findet Thuile. Wer Soja nicht verträgt oder allergisch ist, kann auf andere Hülsenfrüchte, wie Lupine, Bohnen, Erbsen und Linsen zurückgreifen. (MT)