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Stegena Morscht

Nach einem Jahr Pause hat heuer der größte Markt Tirols, der Stegener Markt, wieder seine Tore geöffnet. Trotz Corona-Auflagen wurde der Markt zur Freude der Markttreibenden von tausenden Menschen besucht. Wo man sich früher mit Waren eingedeckt hat, um gut über den Winter zu kommen, lässt man sich heute impfen. Der traditionsreiche Markt ist zum Brennpunkt von Tradition und Innovation geworden.

Viele haben darauf gewartet, dass eine Großveranstaltung, wie der Stegener Markt wieder stattfinden kann. Im Jahreskalender stellt der traditionsreiche Markt im Pustertal für viele einen Fixpunkt dar, den es nicht zu verpassen gilt. „Mit 305 Wanderhändlern, 55 Ausstellern landwirtschaftlicher Maschinen, an die 20 landwirtschaftlichen Eigenproduzenten, verschiedenen Gastronomieständen, sieben Handwerkern und 34 Attraktionen auf dem Lunapark hat der Markt so einiges zu bieten“, fasste Bürgermeister Roland Griessmair bei der traditionellen Pressekonferenz im Vorfeld zum Stegener Markt zusammen. Am 26., 27. und 28. Oktober war es dann soweit: Das Marktareal in Stegen stand für die Austragung der Veranstaltung bereit.

Positives Resümee
Bei der Berufsgruppe der Wanderhändler im hds zieht man eine positive Bilanz: „Die Gastronomiestände haben fast das Einnahmen-Niveau von 2019 erreicht, der Nichtlebensmittelsektor, wie Schuhe und Bekleidung, hat noch ein wenig nachgehinkt, aber das Resümee ist durchaus positiv. Besonders hervorzuheben ist, dass auch der 3. Tag, der meist bedeutend schlechter als die ersten zwei Tage ausfällt, heuer überdurchschnittlich gut besucht war“, berichtet Christine Walzl, die Fachgruppenleiterin der Wanderhändler im hds. Der Ablauf des Besuches am Markt sei sehr diszipliniert gewesen bestätigt die Fachgruppenleiterin: „Es gab keine relevanten Probleme bei den Eingangskontrollen, es herrschte mehrheitlich großes Verständnis seitens aller Beteiligten, Besucher und Händler. Man habe gespürt, dass sich alle der aktuellen Situation bewusst waren und dass es klare Regeln brauche, wenn man weiterhin derartige Veranstaltungen abhalten möchte, resümiert Christine Walzl aus den Rückmeldungen der Wanderhändler.
Dass die Marktbetreiber mit dem Stegener Markt sehr zufrieden gewesen sind, bestätigt auch Wirtschaftsstadtrat Daniel Schönhuber. „Der Umsatzrückgang lag zwischen 20 und 40 Prozent“, sagt er. Die Gemeinde Bruneck sei die einzige Gemeinde, die eine so große Veranstaltung durchgeführt hat. So sei zum Beispiel der Markt in Glurns, der am 2. November hätte stattfinden sollen, nicht durchgeführt worden. Dementsprechend hätte sich der Einsatz der Veranstalter den Markt abzuhalten und die zahlreichen Gespräche mit allen Beteiligten im Vorfeld gelohnt. Zudem sei der Stegener Markt in doppelter Hinsicht wichtig: Einmal für die Marktbetreiber und einmal für die Kaufleute von Bruneck. „Der Stegener Markt ist für die Marktbetreiber die größte Veranstaltung im Jahr und deshalb die Austragung des Marktes dementsprechend relevant“, hält der Wirtschaftsstadtrat fest, laut dem nicht nur die Marktbetreiber, sondern die ganze Stadt vom Markt profitiert hat. Als Beispiel dafür nennt Daniel Schönhuber den sogenannten „Österreichertag“ am 26. Oktober, wo zahlreiche Gäste nicht nur den Markt, sondern zahlreiche Geschäfte und Gastlokale aufgesucht haben. Deshalb sei Schönhuber froh, dass der Markt mit der Einhaltung eines Sicherheitskonzeptes abgehalten werden durfte. „Das gesamte Marktareal wurde eingezäunt und an den fünf Eingängen zum Markt wurde der Zutritt nur mit Grünem Pass gestattet, dafür sorgte eine private Sicherheitsfirma. Auch für die Marktstände galten neue Abstände. Die Ortspolizei und andere Polizeiorgane sorgten auf dem Markareal für die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher und standen für Informationen und Fragen zur Verfügung“, sagt Daniel Schönhuber, der schätzt, dass an allen drei Markttagen insgesamt an die 15.000 Menschen den Stegener Markt besucht haben.

Statt Vieh lockt heute ein großes Angebot an Landmaschinen.

Wirtschaftsstadtrat Daniel Schönhuber.

Traditionsmarkt geht mit der Zeit
Am linken Rienzufer, wo der Markt seit dem 15. Jahrhundert abgehalten wurde, hat sich im Laufe der Zeit so einiges geändert. Der traditionsreiche Markt geht mit der Zeit: wo man sich früher mit Waren eingedeckt hat, um über den Winter zu kommen, lässt man sich heute impfen: Der Sanitätsbetrieb war auf dem Marktareal mit einem Impfcontainer zugegen, wo Coronaschutzimpfungen ohne Vormerkung angeboten wurden. Reisten die Bauern früher mit ihrem Vieh aus dem Zillertal, aus Buchenstein und aus Osttirol nach Stegen, kommen die Marktbesucher heute auch noch von weit her, um das Marktgeschehen zu verfolgen, aber der einstige Markt, der ursprünglich fast 14 Tage andauerte, findet heute nur noch an drei Tagen statt. „Man muss bedenken, dass die damaligen Bauern ihr Vieh und ihre Erzeugnisse aus weiter Entfernung über die Berge, aus den hintersten Tälern zum Verkauf oder Tausch brachten und deshalb Unterstellmöglichkeiten, Wasser, Futter und eigene Verpflegung benötigten. All das suchten sie bei der Stegener Bevölkerung und den angrenzenden Bauern“, weiß die Dorfchronistin von Stegen, Maria Mutschlechner zu erzählen. Im Oktober war die Feldarbeit beendet und die Feldfrüchte eingebracht, deshalb habe man Zeit für den Markt gehabt. Für die damalige Bevölkerung sei es notwendig gewesen an den Winter zu denken und sich mit dem Nötigen einzudecken sowie Überschüsse mit Notwendigem zu tauschen. Auch wenn der Bauer von damals großteils als Selbstversorger galt, habe er nicht alles anbauen können. Vieh sei nicht nur gehalten, sondern auch verkauft worden, hält Maria Mutschlechner fest und führt aus: „Das damals übliche Maß beim Kauf und Verkauf, also Handel, war das Stegener Star.

Stegener Star
Die Bauern kamen von weit her, um ihr Vieh und ihre Erzeugnisse zu verkaufen oder zu tauschen. Dazu benötigten sie eine einheitliche Maßeinheit: „Das damals übliche Maß beim Handeln, war das Stegener Star, ein rundes Holzfass, mit dem jeder Bauer den Wert seines Viehes oder seiner Erzeugnisse messen konnte. Das Stegener Star war ein weit über das Pustertal hinaus bekanntes und übliches Kornmaß und fasste zwischen 15 und 18 Kilogramm Korn, je nachdem, um welche Kornart es sich handelte so zum Beispiel 15 Kilogramm Weizen, 17 Kilogramm Roggen oder an die 22 Liter. Der Ort Stegen war für den weitum bekannten Markt optimal geeignet, er war zentral gelegen und von allen Seiten leicht zugänglich“, wie die Dorfchronistin von Stegen zu erzählen weiß.

„Schlengltog“
Der Stegener Markt war in früherer Zeit auch eine Art Arbeitsplatzbörse. Der dritte und letzte Tag des Marktes, der 28. Oktober, wurde früher als ’Baurnfreirschta’ bezeichnet und als Feiertag von Knechten und Dirnen bis ins 20. Jahrhundert hinein genutzt, um sich einen Arbeitsplatz zu suchen. Als Erkennungszeichen steckten sich die Knechte einen Löffel an den Hut, der als Information für die Bauern gedacht war, denn dieser Knecht war für das kommende Jahr frei. Ein Handschlag besiegelte das Arbeitsverhältnis und der erste Arbeitstag war der „Schlengltog“, der 2. Februar „Mariä Lichtmess“.

Früher Vieh, heute Maschinen
„Im Laufe der Zeit haben sich auch weitere Gewohnheiten verändert. Am sogenannten Viehstand sah man früher eine große Anzahl von Kühen und Kälbern, Pferden, Fohlen, Eseln sowie Schweine. Für Schafe und Ziegen wurde ein eigener Platz reserviert. Heute ist die Anzahl der Tiere arg geschrumpft, da heutzutage die Nutztiere wie auch Schlachtvieh meist auf Versteigerungen gehandelt werden. Auf dem heurigen Markt habe ich gerade mal sieben Kühe gezählt. Was aber enorm zugenommen hat, ist der Markt der Landmaschinen, eine für die heutigen Bauern unerlässliche Investition“, berichtet Maria Mutschlechner. (TL)