Sinners Jahr für die Geschichtsbücher

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Sinners Jahr für die Geschichtsbücher

Mit nur 22 Jahren gehen die Superlativen für Jannik Sinner langsam aus. Der Sextner Tennisstar bestimmt die Schlagzeilen wie kaum ein anderer: Rang vier in der Weltrangliste, sein Marsch durch die ATP-Finals, vier ATP-Titel und als krönender Abschluss der Triumph im Davis Cup. Im Jahr 2023 ist Sinner endgültig zum Weltstar aufgestiegen.

Das Tennisjahr
Sinners Tennisjahr begann traditionell in Australien, mit dem ersten Highlight: Australian Open. Dort musste sich der Sextner im Achtelfinale gegen Stefanos Tsitsipas in fünf Sätzen geschlagen geben. Zurück auf europäischen Boden holte er sich Anfang Februar In Montpellier prompt seinen ersten Titel 2023. Nachdem sich Sinner in Rotterdam beim Griechen Tsitsipas für die Australian-Open-Niederlage revanchieren konnte, unterlag er im Finale seinen Angstgegner Daniil Medvedev. Auch in Übersee spielte Sinner bei den Masters in Indian Wells und Miami groß auf, besiegte unter anderem die damalige Weltnummer Eins Carlos Alcaraz. Zog allerdings im Finale erneut gegen Medvedev den Kürzeren. Nur auf Sand fand Sinner in dieser Saison, ausgebremst durch kleinere Verletzungen, nie ganz zurecht. In Roland Garros war gegen Außenseiter Daniel Altmaier in der zweiten Runde Endstation. Auf dem ungeliebten Untergrund Rasen spielte Sinner solide, lief aber nie zur Hochform auf. In Wimbledon profitierte Sinner von einer relativ einfachen Auslosung und konnte bis ins Halbfinal vordringen. Dort war der spätere Turniersieger Novak Djokovic noch eine Nummer zu groß für den Sextner. Nach einer kurzen Sommerpause holte sich Sinner mit dem Titel im 1000er Turnier von Toronto seinen auf dem Papier größten Erfolg. Beim letzten Grand Slam des Jahres spielte Sinner stark, musste sich aber im Achtelfinale gegen Alexander Zverev im fünften Satz knapp geschlagen geben. Ab Anfang Oktober präsentierte sich Sinner in absoluter Topform. Im Halbfinale von Peking ließ er zunächst Alcaraz keine Chance. Der Spanier adelte Sinner als einen seiner ärgsten Widersacher der kommenden Jahre. Im Finale bezwang Sinner Medvedev nach zuvor sechs Niederlagen im siebten Aufeinandertreffen zum ersten Mal. Durch diesen Premierenerfolg erreichte Sinner ein Rekordhoch in der Weltrangliste. In die Top Vier der Welt konnte bis dato nur Tennislegende Adriano Panatta als einziger Italiener im fernen Jahr 1976 vordringen. Nachdem Sinner in Shanghai noch gegen US-Showboy Ben Shelton die Segel streichen musste, konnte er sich zwei Wochen später in Wien gegen den Aufsteiger der Saison revanchieren. Auch sein Kumpel Francis Tiafoe und der Russe Andrej Rublev konnten Sinner im Viertel- und Halbfinale nicht aufhalten. Im Finale wartete erneut Medvedev auf den Südtiroler. In einer hochklassigen Partie behielt Sinner nach über drei Stunden mit 7:6(7),4:6,6:3 die Oberhand: „Sicherlich eines meiner besten Spiele, ein brutales Level“, schwärmte er im Siegerinterview nach seinem vierten Saisontitel.

Nun hält Sinner bei insgesamt zehn Turniersiegen auf der ATP-Tour und egalisiert damit den nächsten italienischen Rekord von Panatta. Ein Erfolgsrezept war das besondere Augenmerk, dass er in diesem Jahr auf seine häufig kritisierte Athletik legte: „Jeder Spieler muss ein bisschen an seinen Schwächen arbeiten, bei mir war es sicher die Physis, da hat sich viel getan“, verriet der Sextner gegenüber TennisTV. Für eine Schlagzeile der anderen Art sorgte Sinner bei den ATP-Masters in Paris, wo sein Auftaktmatch bis 2:37 Uhr nachts dauerte und er für das am selben Tag anstehende Achtelfinale Forfait gab. Sinner kritisierte die ATP und die Organisatoren: „Ich muss die richtige Entscheidung für meine Gesundheit und meinen Körper treffen“, schrieb Sinner in den sozialen Netzwerken und erhielt dafür Applaus von anderen Spielern. Ein Sinner in Bestform sollte auch den Nitto-ATP-Finals seinen Stempel aufdrücken. In der Gruppenphase fegte er erstmalig in seiner Laufbahn Djokovic vom Platz. Hätte der schon als Gruppensieger feststehende Sextner in seinem letzten Vorrundenspiel Holger Runde den dritten Satz überlassen, so wäre der „Djoker“ aus dem Turnier geflogen. Die beiden sollten sich aber im Finale wiedersehen. Im Halbfinale setzte sich Sinner erneut gegen seinen neuen „Lieblingsgegner“ Medvedev durch, war im Finale allerdings gegen Djokovic schlicht chancenlos. Zum krönenden Abschluss einer historischen Saison sollte der Davis Cup werden, wo Sinner die Nationalmannschaft fast im Alleingang nach 47 Jahren zum lang ersehnten zweiten Titel führte. Vorentscheidend dabei war sein Einzel gegen Serbiens Nationalheld Djokovic. Beim Spielstand von 4:5 und 0:40 gegen sich im dritten Satz wehrte Sinner drei Matchbälle in Serie ab und drehte die Partie im Hexenkessel von Málaga. Sein wohl emotionalster Sieg. Das Finale gegen Australien wurde zum Schaulaufen und Sinner entfachte einen noch nie dagewesenen Tennis-Hype in Italien. Über sechs Millionen TV-Zuschauer allein in Italien verfolgten das Finale, zu Besuch im San Siro lag Fußballfan Sinner auch seine Milan-Tifosi zu Füßen.
Mit seinen Erfolgen 2023 hat sich der 22-Jährige in der ewigen Preisgeldliste an Andreas Seppi vorbeigeschoben und liegt mittlerweile mit knapp 15 Millionen US-Dollar an Position 46, über die Hälfte davon hat er in diesem Jahr erspielt.

MT