Pustertal – Endlich! Die EURO 2024 läuft und alle Welt fragt sich, wer diesmal den Titel holt. Bei uns gibt’s fachmännische Auskunft, von einheimischen Fußballexperten.
Die Experten
Der amtierende Europameister Italien hat nach der verpassten Weltmeisterschaft 2022 einiges gut zu machen. Was muss Trainer Spaletti machen, damit die ‚Azzurri‘ ihren Titel verteidigen können?
Stefan Passler: Bei Italien fehlt es derzeit schlicht an Qualität. Die einzelnen Spieler sind nicht auf internationalem Top-Niveau. Deshalb hat Spaletti nur eine Chance: Er muss die Spieler zu einer eingeschworenen Truppe formen, denn Teamgeist versetzt Berge.
David Zimmerhofer: Ich denke, Spaletti sollte mehr auf junge Talente setzen. Den alteingesessenen Spielern fehlt der absolute Wille, der Siegeshunger. Auch wenn’s wehtut, sollten einige ältere Spieler auf der Bank Platz nehmen. Das Feuer der Jungen sollte die treibende Kraft der ‚Azzurri‘ sein.
Alex Niederkofler: Spaletti muss einfach nur das tun, was er als Meister-Trainer der SSC Napoli richtig gemacht hat. Stichwort: Gegenpressing. Wenn das funktioniert, ist einiges drin für Italien.
Das zuletzt gebeutelte DFB-Team träumt als Gastgeber von einem neuen „Sommermärchen“. Reicht allein der Heimvorteil, um die offensichtlichen Schwächen zu kompensieren?
Stefan Passler: Oh ja, der Heimvorteil kann viel ausmachen. Wenn die Fans mit ins Boot geholt werden, dann kann Deutschland sehr viel erreichen. Die Kraft des sprichwörtlichen „zwölften Mannes“ ist nicht zu unterschätzen.
David Zimmerhofer: Nein, der Heimvorteil alleine reicht nicht. Aber sie haben mit Julian Nagelsmann einen guten, modernen Trainer. Für mich gehört Deutschland zu den Favoriten. Auch beim DFB gilt: alte Spieler raus, junge Spieler rein. Man braucht sich dafür ja nur die Saison von Bayer Leverkusen anschauen.
Alex Niederkofler: Die Schwächen der Mannschaft wurden in den Testspielen gegen Frankreich und die Niederlande lediglich kaschiert. Aber seitdem ist eine Art Euphorie zu spüren. Wenn Mannschaft und Publikum gemeinsam auf der Begeisterungswelle reiten, dann ist für Deutschland alles drin.
Frankreich und England sind top besetzt und strotzen vor Selbstvertrauen. Wie können Gegner die Urgewalt dieser zwei Teams stoppen?
Stefan Passler: Gegen diese zwei Nationen gilt es, aggressiv zu spielen. Man darf sich von ihnen nicht in die Falle locken lassen. Frankreich ist rein spielerisch Spitzenklasse. Gegen die Franzosen muss man tief stehen. Bei England denke ich, dass sie nicht über das Halbfinale hinaus kommen, nicht mit Gareth Southgate als Coach.
David Zimmerhofer: Frankreich ist einsame Klasse. Die einzige Chance besteht darin, ihre Schlüsselspieler in Zaum zu halten. Wer Mbappe und Co. entschärft, hat eine Chance. England dagegen war noch nie eine Turniermannschaft. Die ‚Three Lions‘ werden auch diesmal nicht den Titel holen.
Alex Niederkofler: Es ist ganz einfach, man darf gegen diese Teams kein Tor kassieren. Die Devise lautet also: mauern, mauern, mauern. Und auf Standardsituationen setzen. Die Kaderbreite dieser zwei Mannschaften ist enorm. Dagegen zu bestehen ist eine Herkulesaufgabe.
2020 nannte Jose Mourinho Österreich einen „Geheimfavoriten“. Das ÖFB Team ist durch die Qualifikation marschiert. Wie weit kann es das Rangnick-Team diesmal tatsächlich schaffen?
Stefan Passler: Das Halbfinale ist machbar. Die Österreicher sind als Mannschaft gut und glauben endlich mal an sich. Dieses Selbstvertrauen ist neu und kann entscheidend sein.
David Zimmerhofer: Österreich verfügt momentan über echte Topspieler, die allesamt bei starken Clubs spielen. Trainer Ralf Rangnick ist einer der besten weltweit. Er setzt auf junge Spieler. Ich denke Österreich kann das Viertelfinale erreichen, wenn nicht sogar das Halbfinale.
Alex Niederkofler: In der Vorrunde haben sie eine echte Hammergruppe. Ihr Glück ist, dass auch einige Gruppen-Dritte weiterkommen, was ich als einen Witz empfinde. Die Frage ist: Wie können sie die prominenten Ausfälle rund um Alaba und Schlager kompensieren? Österreich im Viertelfinale wäre für mich ein kleines Wunder.
Überraschungsmannschaften sind das Salz in der Suppe eines jeden großen Turnieres. Welche ‚Underdogs‘ können das Turnier diesmal ordentlich durchmischen?
Stefan Passler: Die Ukraine. Sie verfügen über gute Spieler, das Publikum wird hinter ihnen stehen und niemand rechnet mit ihnen.
David Zimmerhofer: Österreich ist für mich so ein Underdog, dabei hätten sie sich einen besseren Ruf verdient.
Alex Niederkofler: Portugal sehe ich ganz weit vorne. Immer unter der Voraussetzung, dass Christiano Ronaldo keine ‚one-man-show‘ abzieht. Tatsache ist aber, dass Portugal gleichzeitig ganz stark von Ronaldo abhängig ist.
Auf wen sollte man seine zehn Euro Wett-Budget diesmal setzen? Wer wird Europameister 2024?
Stefan Passler: Belgien.
David Zimmerhofer: Frankreich macht’s.
Alex Niederkofler: Frankreich wird Europameister.
RF