Ostermarkt in Bruneck
17. April 2025
Großer Dank an die MUT-Macher
15. Mai 2025
Alle anzeigen

Hilfe im Gepäck

Südtirol / Nepal – Nepal ist vor allem ein bekanntes Reiseziel für Trekking und Bergtouren. Albert Gruber packt seinen Rucksack, um die Menschen Vorort zu unterstützen. Der Präsident des Onlus-Vereins „soziales netzwerk südtirol (sns)“ und Projektleiter für Nepal berichtet im Interview über Hilfsprojekte in der abgeschiedenen Region Dolpo.

Sie waren schon öfters in Nepal, das zu den ärmsten Ländern Südasiens gehört. Wie sieht das Leben für die Menschen dort aus?
Albert Gruber: Seit 2015 ist Nepal in der Skala der armen Länder noch weiter abgerutscht und ist jetzt das ärmste Land in Asien. Das Erdbeben in Nepal, das sich von Nordindien bis nach Tibet hinein erstreckt hat, hat das Land und die Menschen tief getroffen. Die Schäden waren immens, obwohl die Häuser dort sehr niedrig gebaut werden. Auch die Coronakrise hat dann in den Folgejahren die Einnahmequelle Nummer eins, den Tourismus, versiegen lassen und Nepal in eine große Not gestürzt. Durch internationale Hilfe konnte geholfen werden, es ist aber noch viel zu tun. Nun, die Menschen dort leben sehr, sehr einfach. In den Bergregionen, wo unsere Hilfsprojekte ankommen, leben die Menschen hauptsächlich von der Landwirtschaft, sie sind Selbstversorger: Es sind Bauern und geschickte Handwerker, die in kleinen abgelegenen Dörfern mit ihrer Familie leben. Gegessen werden hauptsächlich Weizen, Kartoffeln und Milch, Fleisch wird verkauft. Die Region Dolpo war bis vor 25 Jahren noch Sperrgebiet, aufgrund der nahen Grenze zu Tibet. Deshalb gibt es hier noch kaum Tourismus und man kann sich ohne einen Ortskundigen nicht frei bewegen. Das Dorf Doh Tarap, wo um die 800 Menschen, ca. 120 Familien, auf 4.100 Metern Meereshöhe leben, ist unser nächstes Ziel für ein Hilfsprojekt. Um dorthin zu gelangen, ist ein fünftägiger Fußmarsch nötig. Straße gibt es keine. Alles, was benötigt wird, muss entweder mit Pferden transportiert oder selbst hinauf ins Gebirge getragen werden.

Windjacken für die Schüler:innen der Crystal Mounten School in Doh Tarap.

Sie sind viel gereist und engagieren sich seit Jahrzehnten für indigene Völker. Was fasziniert Sie an dieser sozialen Tätigkeit?
Für meine Reisebildbände war ich als Fotograf weltweit unterwegs und habe viel gesehen und erlebt. Dabei lernte ich viele Menschen kennen, die mich auf meinem Weg begleitet und unterstützt haben. Durch meine soziale Tätigkeit kann ich ihnen etwas zurückgeben, das bedeutet mir sehr viel und da ich in Pension bin, nehme ich mir die Zeit dafür. Ich reise seit 40 Jahren nach Nepal, zunächst als Fotograf, später habe ich Trekkingreisen in diesem Gebiet organisiert und auch geführt. Mein soziales Engagement begann, als ich mein Buchprojekt ‘Himalaya. Menschen-Landschaften-Kulturen‘ umsetzte. Dazu reiste ich nach Indien, hatte eine Audienz mit Interview beim 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso und lernte seine jüngste Schwester kennen. Jetsun Pema, sie war damals die Präsidentin aller tibetischen Waisenheime. So hat mein soziales Engagement begonnen, seinen Lauf genommen und hält bis heute an. Seit 2004 betreue ich als Projektleiter für Nepal für das ‘soziale netzwerk südtirol‘ diverse Hilfsprojekte.

In einigen Bergdörfern Nepals haben Sie in den vergangenen Jahren mehrere Hilfsprojekte realisiert. Können Sie uns dazu einen Einblick geben?
In diesen abgelegenen Regionen fehlt es an allem: Medizinische Versorgung, Straßen oder funktionierende Stromversorgung sind eine Seltenheit. Es sind vor allem die vergessenen Dörfer Nepals, wo wir als das ‘soziale netzwerk südtirol‘ agieren. So zum Beispiel konnte ein Hilfsprojekt für sauberes Trinkwasser im Bergdorf Lura im Solu District erfolgreich abgeschlossen werden. 50 Bauernhöfe und eine Grundschule haben jetzt Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zudem wurden der Bau von drei Familienhäuser finanziert und Hilfslieferungen an bedürftige Familien im Bergland verteilt. Es wurden Waisenheime für Mädchen in Kathmandu unterstützt und ein Kindergarten finanziert. Dazu gab es auch ein landwirtschaftliches Pilotprojekt in Juphal, wo Apfelbäume gepflanzt wurden. 2021 war ich erneut in Juphal und habe den Menschen dort beigebracht, wie diese Apfelbäume geschnitten werden müssen, um eine gute Ernte zu erzielen.

Verteilung von Hilfsgütern
in Juphal.

Einige Gebäude in Doh Tarap konnten bereits mit Photovoltaik ausgestattet werden.

Im August werden Sie erneut nach Nepal fliegen, um dort ein neues Projekt zu starten. Worum geht es dabei?
Das neue Hilfsprojekt in Nepal sieht den Bau von weiteren Photovoltaik-Anlagen vor. Die Erste-Hilfe-Station und die Schule im Dorf Doh Tarap konnten bereits finanziell unterstützt werden. Jetzt möchten wir dort Photovoltaik-Paneele installieren, weil diese sehr gut funktionieren und das Leben der Menschen dort um einiges erleichtern. Man muss sich vorstellen, dass diese Menschen das gesamte Holz für Heizung und Kochen vom Tal hinaufbringen müssen, weil im Dorf selbst keines mehr vorhanden ist. Da es sich um eine sehr sonnige Region handelt, ist es naheliegend, mit den Photovoltaikmodulen die notwendige Energie zu erzeugen. Die Häuser sind im tibetischen Stil erbaut und durch diese flache Bauweise der Dächer lassen sich die Photovoltaikmodule gut montieren. Die neuen Photovoltaikpanelen werde ich, gemeinsam mit meinen Kontaktpersonen Vorort, in der Region kaufen und dann nach Doh Tarap bringen. Die Photovoltaikmodule müssen zuerst mit dem Flugzeug nach Juphal geflogen und dann ein Transport mit Pferden oder Trägern organisiert werden. Ein Pferd kann zwei Module tragen. Für den Transport werden wir sicher zehn Pferde und zwei Begleiter benötigen, um einige Häuser mit den Photovoltaikmodulen ausstatten zu können. Mein Wunsch wäre es, 20 Familien mit den Photovoltaikmodulen zu versorgen. Eigentlich sollte ich bereits im Mai nach Doh Tarap fliegen, da die Finanzierung des Projektes aber noch nicht abgeschlossen ist, wird es August werden.

Wie wird dieses neue Nepal-Projekt finanziert?
Für die Finanzierung der Projekte werden Benefizaktionen und Flohmärkte organisiert sowie Spenden entgegengenommen. Für das Projekt Nepal wurde zum Beispiel vom 25. bis zum 27. April 2025 in der alten Turnhalle in Bruneck eine Benefizversteigerung asiatischer, afrikanischer und moderner Kunst abgehalten. Die Kunstgegenstände, die ersteigert wurden, habe ich aus Nepal und aus Afrika mitgebracht, bzw. kommen von Kunstmäzenen als Spende. Der Reinerlös dieser Auktion fließt in das Projekt für Nepal. Natürlich sind wir auch auf Sponsoren angewiesen, die unsere Tätigkeit unterstützen. Generell ist der Kunstmarkt heute alles andere als einfach, die Gründe hierfür anzuführen wäre zu weitläufig.

Der Fußweg nach Doh Tarap: Hilfsgüter werden mittels Pferden und Trägern ins Dorf gebracht.

Was gehört zum Tätigkeitsfeld des Onlus-Verein Soziales Netzwerk Südtirol?
Das ‘soziale netzwerk südtirol‘ besteht seit Oktober 2009 und ist ein Onlus¬-Verein. Seit Februar 2025 stehe ich dem Netzwerk als Präsident vor und es ist mir ein Anliegen, das ‘soziale netzwerk südtirol‘ bekannter zu machen und die Menschen für diese Art der Tätigkeit zu sensibilisieren. Vorher war Alfons Messner Vorsitzender des Vereins, der 12 Jahre lang Missionar in Ecuador war. Ziel des Vereins ist es, unter allen Schulen Südtirols und über die Grenzen hinaus, ein Netz der Solidarität aufzubauen, um gemeinsam Hilfsprojekte in Entwicklungsländern und Katastrophengebieten zu unterstützen und so zur Bekämpfung des Analphabetismus in der Welt beizutragen.

Wohin können sich Menschen melden, die dieses Projekt unterstützen möchten?
Das ‘soziale netzwerk südtirol‘ kann auf verschiedene Weisen unterstützt werden: Entweder durch eine Spende und auch durch die Organisation einer Initiative. Letzteres bietet sich insbesondere für Schulen an, die eine Zusammenarbeit für ihr Hilfsprojekt suchen. Die Spenden sind steuerrechtlich absetzbar und können zweckbestimmt werden. Die Sponsoren bekommen eine Spendenquittung und die Hilfsgelder gelangen direkt an die bedürftige Bevölkerung.

Gerne lade ich auch dazu ein, mich auf meiner Reise zu begleiten, Interessierte können sich jederzeit an den Verein wenden: www.sonetz.it, oder telefonisch unter: 349 620 40 64.
TL