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Die Wirtschaft in Osttirol

Osttirols Wirtschaft ist auf einem guten Weg: Die Wirtschaftskammer Lienz zieht für das vergangene Jahr eine positive Bilanz; ein Aufholprozess scheint im Gang, der sich auch 2017 fortsetzt. Das Gleichgewicht der drei größten Sparten – Industrie, Gewerbe und Handel – sorgt für Stabilität, über deutliche Zuwächse freut man sich im Tourismus.

 


Die Wirtschaftskammer Lienz zeigt sich mit den aktuellen Wirtschaftsdaten zufrieden. Zur Gesamtsituation der regionalen Wirtschaft kann nämlich festgestellt werden, dass ein Aufholprozess im Gang ist. „Von der ehemaligen „roten Laterne“ bei den wesentlichen Wirtschaftsdaten kann im Vergleich der österreichischen Bezirke bzw. NUTS-3-Regionen keine Rede mehr sein, vielmehr steuern wir in diesen Rankings bereits auf das Mittelfeld zu“, berichtete Michael Aichner, Obmann der Wirtschaftskammer Lienz, bei der Eröffnung der 32. Osttirol Messe Ende September. Und das gelte für das Bruttoregionalprodukt pro Einwohner, welches die gesamte Wirtschaftsleistung der Region abbildet, so der Obmann. Im Zeitraum 2004 bis 2014, also in den letzten zehn ausgewerteten Jahren, wurde dieser wichtige Indikator in Osttirol um beinahe 53% gesteigert; daraus resultiert auch nach Inflationsbereinigung noch ein überdurchschnittliches Wachstum.
Wirft man einen Blick auf die einzelnen beruflichen Sparten, so ergibt sich ein recht ausgewogenes Bild. Das „Dreigestirn“ von Industrie, Gewerbe/Handwerk und Tourismus hat sich bewährt und sorgt für Stabilität. Die beiden erstgenannten Sparten stellen mit jeweils ca. 3.500 Beschäftigten mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze zur Verfügung.  Damit kann gesagt werden, dass die produzierende Wirtschaft auch eindeutig Wachstumsmotor und hauptverantwortlich für den Strukturwandel Osttirols in den letzten Jahrzehnten ist. Osttirol liegt somit bei den Industriearbeitsplätzen an beachtlicher zweiter Stelle unter allen Tiroler Bezirken. Das Plus dabei: In der Industrie handelt es sich in der Regel um Ganzjahresjobs. Dass es nicht einen einzigen großen Betrieb als Arbeitgeber, sondern etliche mittelgroße gibt, senkt das Risiko und ist ein weiteres Plus. Etwas anders ist es im Tourismus, der weitere 22 Prozent der Beschäftigung beisteuert. Hierbei handelt es sich zumeist um saisonale Arbeitsplätze. Michael Aichner konnte bei der Eröffnung der 32. Osttirol Messe auch dazu Positives melden: „Eines unserer Hauptprobleme, nämlich die hohe Anzahl an Arbeitslosen, die nicht nur aus der  Saisonalität im Baugewerbe und im Tourismus ableitbar ist, hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich entschärft. Wir haben im Juli 2017 mit 20.400 unselbstständig Beschäftigen den bisherigen absoluten Beschäftigungsrekord in Osttirol erzielt – das bedeutet real einen Zuwachs von 350 Arbeitnehmern gegenüber dem Juli 2016, wobei im Vorjahr ebenfalls schon ein Höchststand gegeben war. Es ist im Vorjahr erstmals in der Geschichte unseres Bezirkes gelungen, die Erwerbsquote der Wohnbevölkerung im erwerbsfähigen Alter mit 76,9%  über den österreichischen Durchschnitt von 76,6% zu heben.“ Eine weitere interessante Entwicklung ist in Osttirol spürbar, nämlich die Bereitschaft, ein Unternehmen zu gründen – wenn auch vielfach als Einpersonen-Unternehmen. Im Vorjahr gab es mit 211 Neugründungen einen neuerlichen Rekord in Osttirol.
POSITIVE SIGNALE IM TOURISMUS
Der Sommerhalbjahreswert des Osttiroler Tourismusgeschehens kann sich sehen lassen: 935.502 Nächtigungen bzw. 244.291 Ankünfte konnten in den ersten vier Sommermonaten erzielt werden. Das kleine Minus im August (- 0,24 % oder 985 Nächtigungen gegenüber dem Rekordmonat August vom letzten Jahr) lässt die vergangene Sommersaison dennoch recht positiv aussehen, die Vormonate Mai, Juni, Juli konnten stark ausgebaut werden.
Zudem wurden regionale Unterschiede beobachtet: Während in der Nationalparkregion in den bisherigen Sommermonaten die Nächtigungen gegenüber 2016 positiv gehalten werden konnten (+ 0,73 %), kann man sich im Defereggental (+ 3,65 %) und in der Ferienregion Lienzer Dolomiten (+ 2,29 %) freuen. Den höchsten Zuwachs gab es in der Ferienregion Hochpustertal mit 4,84 % bzw. 11.904 Nächtigungen, eine merkliche Steigerung, die unter anderem auf die positiven Zahlen der italienischen Gäste zurückzuführen ist: 14,9 % mehr italienische Gäste waren in den ersten vier Sommermonaten in Osttirol, die Nächtigungen stiegen in diesem Zeitraum um 11,1 %. Im Tourismusverband Osttirol zeigt man sich über die bisherige Sommerbilanz erfreut, die Bemühungen der Tourismusbetriebe scheinen Früchte zu tragen. Man blickt also optimistisch auf einen schönen und „goldenen“ Saisonabschluss.

GROßE ARBEITGEBER IM BEZIRK LIENZ
Genaugenommen wird mit „Lienz“ sowohl die Stadt nahe der italienisch/österreichischen Staatsgrenze als auch den flächenmäßig größten Bezirk des Landes Tirol bezeichnet. Der Bezirk Lienz umfasst insgesamt 33 Gemeinden, darunter – wie schon erwähnt – die gleichnamige Stadt Lienz sowie die Marktgemeinden Matrei in Osttirol, Nußdorf-Debant und Sillian. Die größte Gemeinde Osttirols, gemessen an deren Einwohnerzahl, ist die Bezirkshauptstadt Lienz mit über 12.000 Einwohnern. Einwohnerzahlmäßiges Gegenstück von Lienz ist hingegen die kleinste Gemeinde des Landes, nämlich Untertilliach mit knapp 250 Einwohnern. Der Bezirk Lienz ist somit nicht nur  der flächenmäßig größte Bezirk Tirols, sondern auch der fünftgrößte von ganz Österreich. Zudem grenzt Osttirol an die Bundesländer Salzburg und Kärnten sowie an die italienischen Regionen Trentino-Südtirol und Venetien. Die Haupttäler des Bezirks sind das Pustertal, das Iseltal, das Defereggental, das Virgental, das Kalser Tal und das Tiroler Gailtal; große Flächen davon werden von den majestätischen Bergen der Hohen Tauern und der Karnischen Alpen eingenommen. Zum wirtschaftlichen Einzugsgebiet von Lienz zählen somit auch die grenznahen Südtiroler Gemeinden und die österreichischen Seitentäler wie beispielsweise das Villgratental. Letzteres beginnt an der Einmündung des Villgratenbaches in die Drau bei Heinfels und gilt heute noch als wildromantisch und abgelegen. Mit seinen Gemeinden Außervillgraten und Innervillgraten ist die Talschaft ein nach wie vor bergbäuerlich geprägtes alpines Hochtal. Das Seitental des Osttiroler Pustertals mit seinen vielfach noch von Hand bearbeiteten steilen Hängen und seiner traditionellen Holzhausarchitektur zählt zu den ursprünglichsten Natur- und Kulturlandschaften in den Alpen. Im Gemeindegebiet von Außervillgraten spielt die Landwirtschaft nach wie vor eine zentrale Rolle. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, die sich vorwiegend in der Milchwirtschaft betätigen, prägen das Landschaftsbild. Es werden vorwiegend Rinder und Schafe gehalten. Einige Gewerbe- und Tourismusbetriebe und nur wenige Handelsbetriebe runden das Bild des landwirtschaftlich geprägten Gebietes ab. Allgemein ist der Wirtschaftsstandort Lienz und Umgebung durch seine Randlage geprägt und zählt zu den so genannten peripheren Regionen im österreichischen, aber auch im europäischen Kontext. Die Wirtschaft des Bezirks Lienz ist durch Industrie, Gewerbe/Handwerk und den Dienstleistungsbereich geprägt, wo vor allem Handel und Tourismus dominieren. Dennoch ist der regional wichtige Wirtschaftsfaktor Tourismus in Osttirol deutlich weniger intensiv ausgeprägt als in Nordtirol. Eine gute Auslastung in Hotellerie und Gastronomie wirkt sich natürlich auch auf den Arbeitsmarkt positiv aus, was in den letzten Jahren in Lienz und Umgebung der Fall war. Doch Zuwachs am Arbeitsmarkt gab es nicht nur im Tourismus, auch im Dienstleistungssektor konnte ein Plus verzeichnet werden. Wichtige Wirtschaftsimpulse im Bezirk kommen darüber hinaus aus den Bereichen der Holzindustrie sowie aus dem Metall- und Maschinenbau. So kann die Metall- und Elektrobranche gut und gerne als industrieller Kern des Produktionsstandortes Osttirol bezeichnet werden. Bedeutendste Industrie- und Gewerbestandorte sind dabei Lienz und Sillian, große Produktionsbetriebe sind neben dem Maschinenbau auch im Bereich der Bauwirtschaft zu finden. Die Firmen Liebherr, Hella, Loacker, Ego und Durst zählen zu den großen Arbeitgebern in der Region. Zwischen 2002 und 2012 baute der produzierende Bereich, wie auch der Dienstleistungsbereich zahlreiche Arbeitsplätze auf. Dennoch hat der Bezirk einen großen Anteil an Auspendlern, deren Ziele sind vor allem der Raum Innsbruck, das benachbarte Oberkärnten und das Land Salzburg.

AUFWÄRTSTREND SEIT EINIGEN JAHREN
Der Wirtschaftsstandort Osttirol ist durch seine Randlage geprägt und zählt zu den peripheren Regionen im österreichischen und europäischen Kontext und ist mit demographischen Wandel und sinkenden Bevölkerungszahlen konfrontiert. Sie sind in den vergangenen Jahren stetig gesunken, über einen längeren Zeitraum – beispielsweise zwischen den Jahren 2003 und 2013 – betrachtet um 2,4%, was 1.209 Personen entspricht. Die Analyse des Wohlstandniveaus der in der Region ansässigen Wohnbevölkerung zeigt im Vergleich zu den anderen österreichischen Regionen eine höhere Arbeitslosenquote und einen vergleichsweise niedrigen durchschnittlichen Jahresnettobezug. Ursachen sind unter anderem die Saisonalität im Tourismus und im Baugewerbe, eine geringe Frauenbeschäftigung sowie schwach ausgeprägte Erreichbarkeitsverhältnisse und der Mangel an Arbeitsplätzen. Doch glücklicherweise ist hier ein Aufwärtstrend zu beobachten: „Im September 2016 waren im Bezirk Lienz 1.529 Personen arbeitslos vorgemerkt, davon 848 Frauen und 681 Männer. Die Zahl der langzeitarbeitslosen Personen, welche seit mehr als einem Jahr vorgemerkt sind, betrug 409, wobei als sehr erfreulich zu werten ist, dass erstmals seit Jahren auch hier die Zahl gesunken ist“, erzählt die Leiterin des AMS Lienz, Doris Batkowski.

BRANCHENTREFF OSTTIROL MESSE
Sie ist ein alljährlicher Treffpunkt für Handwerker, Industrielle, Gastronomen, Hoteliers und für all jene, die sich für energieeffizientes Bauen und Wohnen interessieren. Denn die Osttirol Messe vereint traditionsgemäß stilvolles Design, innovative Handwerkslösungen und Osttiroler Gastlichkeit – so auch bei ihrer diesjährigen 32. Auflage, die im vergangenen September über die Bühne ging. Bei diesem traditionellen Branchentreff für den Wohn- und Bausektor wurde keine Mühe gescheut, um Fach- und Privatbesuchern eine professionelle Informationsplattform und gute Unterhaltung zu bieten. Bauen, Wohnen, Energieeffizienz waren nur einige der großen Themen auf der Messe, die sich als Schaufenster zukunftsorientierten, nachhaltigen Bauens versteht. Weiters im Fokus des Messeangebotes standen der Bereich Haushalt, Handwerk aber auch Freizeitangebote und „Holz und Design“. Für die zahlreichen Aussteller war die Messe wiederum eine ideale Plattform, um Neuigkeiten, Trends und Altbewährtes präsentieren und entdecken zu können. Ausgestellt werden alljährlich Neuheiten und Trends, aber auch Bewährtes und Traditionelles in den Bereichen Bauen und Renovieren, Instandhaltung und Reinigung, Küchentechnik und Tisch, Gastronomie, Lebensmittel, Interieur, Dekor sowie Innovationen aus den Bereichen Kommunikation, Management und Wellness. Die Osttirol Messe ist auch jährlicher Fixpunkt für die Landwirtschaft, wo die kompetentesten Unternehmen aus dem Bereich Forst- und Landtechnik ihre Produktneuheiten ausstellen. Als gelungene Mischung aus Fach- und Publikumsmesse blieb sich die Osttirol Messe auch bei ihrer 32. Auflage inhaltlich treu und wurde auch heuer wieder zum einmaligen Treffpunkt für interessierte Fach- und Privatbesucher. Zudem kann die Osttirol Messe mittlerweile mit Fug und Recht als Schaufenster der Osttiroler Wirtschaft bezeichnet werden. „Insgesamt hat die Osttirol Messe hat einen sehr guten Branchenmix, wobei die Schwerpunkte eindeutig am Sektor Bauen, Wohnen, Energiesysteme und Agrartechnik liegen, dies entspricht einem Anteil von ca. 55 Prozent bei ausstellenden Unternehmen. Tendenzen innerhalb der Aussteller gibt es im Bereich „Smart Living“, also computerunterstütze Systeme für Küche, Haushalt etc. die präsentiert werden, Innovationen im Bereich des Bauen mit Holz, Wärmedämmung und Wellnesseinrichtungen für Zuhause“, fasst Karin Eichhorner von Concepta-Messen treffend zusammen.

MARKTGEMEINDE MIT ZENTRUMSFUNKTION
1682 wurde dem Markt Sillian – heutiger Hauptort des Osttiroler Hochpustertales – das Gemeindewappen verliehen. Dieses zeigt zwei mit goldenen Ringen verbundene Seile, was auf die ehemals blühende Viehwirtschaft hindeutet. Heute sind die Vieh- und Landwirtschaft in der Marktgemeinde längst nicht mehr die stärksten Wirtschaftszweige, vielmehr sind dies die zahlreichen gewerblichen Klein- und Mittelbetriebe. Ein größeres Gewerbegebiet, das hauptsächlich von Holzverarbeitungsbetrieben genutzt wird, befindet sich an der Grenze zu Südtirol, ein kleineres liegt südlich des Bahnhofs. In der Grenznähe haben sich zudem zahlreiche Handelsbetriebe angesiedelt. Sie alle bieten neben guten Verdienstmöglichkeiten auch Arbeitsplätze, die von den Bürgerinnen und Bürgern Sillians gerne angenommen werden. Aus wirtschaftlicher Sicht kann die Marktgemeinde Sillian in den vergangenen Jahren auf eine positive Entwicklung zurückblicken. Im Gemeindegebiet sind rund 110 Gewerbebetriebe angesiedelt, vom Ein-Mann-Unternehmen bis zum größten Gewerbebetrieb, der Firma Euroclima. Letztere konnte durch Betriebserweiterungen den Standort sichern und Arbeitsplätze schaffen. Laut Statistik Austria gibt es in Sillian rund 800 unselbständig Beschäftigte, rund 500 davon finden sich in Gewerbebetrieben. Doch auch der Tourismus bietet in Sillian Möglichkeiten der Beschäftigung, wenn auch stark saisonabhängig. Sillian kann mit einem umfangreichen Familienangebot werben, es gibt neben sportlichen Freizeitangeboten und herrlichen Wanderrouten auch einen Wichtelpark, der Kinderherzen höher schlagen lässt. Zudem stehen in der gepflegten Marktgemeinde zahlreiche Hotels unterschiedlicher Kategorien und verschiedenste Restaurants für die Gäste bereit. Der Ausbau der touristischen Infrastrukturen wie beispielsweise die Neuerrichtung Einseilumlaufbahn und eines großen Hotelkomplexes in den 1990er Jahren hat zur Arbeitsplatzsicherung beigetragen. Damit stiegen aber auch die Möglichkeiten für einen Zuerwerb, was vor allem für die Land- und Forstwirtschaft von großer Bedeutung war, weil der Anteil an Vollerwerbslandwirten im Ort stark rückläufig ist. Sillian lockt zudem viele Südtiroler zu Tagesausflügen und Shoppingtouren. Durch seine zentrale Lage und die entsprechenden Infrastrukturen kommt Sillian eine Zentrumsfunktion zu.