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Michael Burger aus Gsies

„Die Kunst ist ein Spiegel der Gesellschaft.“

 

L’art pour l’art – die Kunst um der Kunst willen: Michael Burger ist ein Vertreter dieser Theorie. Ihm geht es um die Schöpfung von Werken, die sich selbst genügen und nicht um Selbstinszenierung durch die Kunst. Während er persönlich unaufdringlich und eher scheu wirkt, sind seine Plastiken von einer aufdringlichen Entblößung und psychologischen Tiefenwirkung.

Was wollen Sie als Künstler vermitteln?
Ich bin kein Künstler. Dieser Titel gebührt mir nicht, weil ich keinen akademischen Abschluss habe. Ich bin ein Bildhauer mit einem gewissen künstlerischen Anspruch. Hauptsächlich beschäftige ich mich derzeit mit dem Akt und der bekleideten Figur. Der Akt und das Beherrschen der Anatomie ist die Basis jedes Bildhauers. Derzeit bevorzuge ich ein Dreiersystem, wo ich drei Figuren nebeneinander als stimmige Einheit darstelle. Es sind Figuren aus dem Alltag, alte oder junge Menschen, Tiere usw. Wenn ich zum Beispiel die Figur eines Bauern darstelle, möchte ich, dass man bereits an den Händen, die Schwere seines Berufs oder Lebens sieht. Auch versuche ich, das innere Seelenleben eines Menschen nach Außen zu vermitteln.

 Mit welchen Materialien arbeiten Sie?
Ich arbeite gern mit heimischen Edelhölzern, wie Nussbaum oder Zirbe. Sie geben die Lebendigkeit in der Farbe oder in der Maserung wieder. Wenn ich einen alten Baumstamm bearbeite, habe ich eine gewisse Ehrfurcht davor. Ein Baum ist eine lebende Materie, er ist ständig in Bewegung. Weiters arbeite ich mit Ton, roter und weißer Terracotta und mit Gips und Bronze.

Wie kamen Sie zur Kunst?
Ich bin auf einem Bauernhof geboren und aufgewachsen und wurde geprägt von der ländlichen Idylle. Schon als Kind hieß es, daheim auf dem Hof anzupacken. Später schwebte mir das Tischlerhandwerk vor, fand aber keinen Arbeitsplatz. Schließlich erhielt ich eine Stelle als Maler und Lackierer, machte die Ausbildung und schloss sie mit der Gesellenprüfung und später mit dem Meisterbrief ab. Mein Vater wollte von Anfang an, dass ich ein solides Handwerk erlernen sollte. Nach dem Militärdienst war ich als Restaurator tätig, was mir sehr gut gefiel. Die Arbeit an Fresken, Ornamenten und Stuck war mein erster, wirklicher Kontakt zur Kunst.

Was gefiel Ihnen dabei so besonders?
Es ist eine Arbeit, die sehr viel Umsicht, Bedachtheit und Präzision erfordert, eben diese Genauigkeit kam meinem Charakter sehr zugute. Da aber auch das Ersetzen von Kleinteilen, wie von Fingern bei Holzskulpturen zu machen war, bot es sich an, die Schnitzschule in St. Jakob im Ahrntal zu besuchen, was mir auf Anhieb sehr viel Freude bereitete, vor allem das freie Schaffen. Ich machte dort den Abschluss als Holzschnitzer, wollte mich aber noch vervollkommnen, weshalb ich in die Landesberufsschule für Bildhauerei nach Gröden ging, wo ich mich zum Gesellen ausbilden ließ. Ab dann versuchte ich mich als freischaffender Bildhauer in Gsies. Weiterhin nutzte ich jedoch alle Möglichkeiten, die mir zur Verfügung standen, um mich in Kursen in München, Innsbruck und Florenz noch zu verbessern. Liebend gerne hätte ich die Akademie in München besucht, aber das erlaubten die damaligen Umstände nicht.

Sie haben gerade Ihre erste Ausstellung?
Ja, in Olang, wofür ich der Gemeinde, dem Bildungsausschuss und dem Heimatpflegeverband sehr danke, die mir das ermöglichten. Die Ausstellung findet großen Zuspruch, was mich freut und anspornt.

Ihre Figuren sind sehr wirklichkeitsnah…
Im Moment ist das mein Ausdrucksstil. Abstraktion hat aber genauso ihre Berechtigung. Die Kunst ist ein Spiegel der Gesellschaft. Heute ist die Gesellschaft bunt, vielfältig, offen, pluralistisch. Die Kunst hat viele Gesichter, von der Minimierung der Form bis zur detailgetreuen Darstellung. Jeder Künstler hat seine eigene Handschrift, auch wenn er im Laufe der Zeit seinen Stil ändert. Ich will mich durchaus noch verändern und verbessern.

Wie sehen Sie die heutige Zeit?
Kunst ist irgendwo die wichtigste Nebensache der Welt, sie kann sehr viel und sehr wenig wert sein. Jeder Mensch setzt für sich andere Prioritäten. Wir in Südtirol leben in einem gesegneten Land. Wir sollten aber mit unseren Ressourcen an Landschaft sorgfältiger umgehen und allgemein bedacht sein, weniger zu verschwenden.

Was wünschen Sie sich?
Meine künstlerische Laufbahn bisher war nicht leicht. Es wäre mein Lebensziel, von der Kunst leben zu können, ich weiß aber, dass es sehr schwierig sein wird. Ich wünsche mir, dass meine Werke geschätzt werden. Wer von der Kunst leben kann, ist ein glücklicher Mensch.