Stell dir vor es ist Finale – und keiner geht hin

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Stell dir vor es ist Finale – und keiner geht hin

Die Eishockey-Euphorie im Pustertal scheint endgültig passè zu sein, obwohl die Wölfe nach wie vor um Titel spielen. Warum?

 

Es war eigentlich ein ganz normaler Sonntagabend in der Hockey-Bar im Rienzstadion von Bruneck, neulich am 11. Februar. Kein Heimspiel stand auf dem Plan. Es herrschte eine entspannte Atmosphäre mit einer Handvoll Gästen, die da und dort an den Tischen saßen und sich ein wenig unterhielten, während auf dem großen Fernseher an der Wand ein Eishockeyspiel lief. Dass besagter Abend aber alles andere als x-beliebig war, lag gerade an diesem Spiel. Es war das Finale um die italienische Eishockey-Meisterschaft. HC Pustertal gegen die Rittner Buam. Das große Südtiroler Derby, ausgetragen im Odegar-Stadion von Asiago, das Alles-oder-nichts-Match um jenen Titel, den man beim altehrwürdigen Eissportverein aus Bruneck seit einer gefühlten Ewigkeit herbei sehnt. Aber eben nur mehr dort. Denn außer beim Club selbst und bei den paar eingefleischten Pusterer Fans, die man auf der Mattscheibe im Stadion von Asiago mitfiebern sah, scheint die Jagd der ‚Wölfe‘ nach dem ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte im Pustertal niemanden mehr zu interessieren. Das Public-Viewing in der Hockey-Bar war diesbezüglich eine Offenbarung. Vor sieben Jahren, Bruneck bestritt damals die Finalspiele gegen den HC Asiago, erschien in dieser Zeitung eine Umfrage. Besucher des Stadions an der Rienz wurden gefragt, ob sie nur der momentanen Erfolge wegen ins Hockeystadion kämen oder wirklich treue Fans wären. Lauter treue Fans, die immer schon da waren und auch immer da sein würden – das war die einhellige Antwort. Vor ein paar Jahren sprach jeder im Pustertal über Eishockey und die Wölfe. Es war die Zeit der großen Euphorie. Die Wölfe gehörten stets zu den Titelfavoriten und standen beinahe jährlich in den Finalspielen um die Meisterschaft. Sie boten ihren Fans große Spiele und große Emotionen. Wir alle waren damals Wölfe. Mit dem Titel, mit der Krönung dieser ganzen Hochzeit des Eishockeys wollte es aber einfach nicht klappen. Und heute? Ist scheinbar nichts mehr davon übrig geblieben. Obwohl der HC Pustertal schon wieder einmal im Finale steht, scheint das kaum jemanden zu jucken. Übrig geblieben von der damaligen Hysterie ist nur der harte Kern an Fans, die tatsächlich immer schon da waren – ganz egal ob die Gelb-Schwarzen Erfolge feierten oder Niederlagen einsteckten. Apropos: Das Finale gegen Rittten endete mit einer schallenden Ohrfeige für den HC Pustertal. Die Jungs rund um Kapitän Armin Helfer gingen quasi chancenlos mit 1:6 unter. Es war nicht schön, dieses Spiel mit anzusehen. Nach dem Schlusspfiff sprach ich mit zwei Kollegen in der Hockey-Bar darüber, was in Bruneck wohl los gewesen wäre, wenn die Wölfe dieses Finale gewonnen hätten. Wir waren uns einig, dass es keinen Autokorso gegeben hätte. Und dass das ehemals Eishockey-verrückte Pustertal nicht auf dem Graben zusammengekommen wäre, um die Helden von Asiago zu später Stunde euphorisch zu begrüßen. Kurzum: Nichts wäre passiert. Das ist traurig. Aber irgendwie auch ganz normal. Es gab mal einen Hype um die Wölfe. Doch das ist lange her. Als ich nach dem Ende des Finales gegen Ritten mit dem Auto nach Hause fuhr, ging mir ein Gedanke durch den Kopf: Was müssten die Wölfe eigentlich leisten, um dauerhaft beliebt zu sein? Eine Finalteilnahme scheint offensichtlich zu wenig zu sein. Ich wage zu bezweifeln, dass sich an dieser paradoxen Situation etwas ändern wird, wenn in ein paar Jahren im neuen Stadion mit Platz für bis zu 4.000 Personen (!!) gespielt wird.