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Gesetz Raum und Landschaft tritt in Kraft

Mit dem gestrigen 1. Juli tritt das neue Landesgesetz „Raum und Landschaft“ in Kraft. LRin Hochgruber Kuenzer resümierte bei einer Pressekonferenz die maßgeblichen Änderungen für Gemeinden und Bürger.

Rund zwei Jahre nach der Genehmigung im Landtag im Juli 2018 erlangt das neue Landesraumordnungsgesetz gestern (1. Juli 2020) Gesetzeskraft. Damit startet die neue Ausrichtung in der Gestaltung von Raum und Landschaft in die konkrete Umsetzung.
„Das neue Landesgesetz führt alle Bestimmungen zum Landschaftsschutz und zur Raumordnung in Südtirol zusammen – es regelt, wie wir mit unseren Landschaften und unseren Siedlungsräumen umgehen“, unterstrich Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer bei der Pressekonferenz im Walthersaal in Klausen noch einmal den großen Mehrwert des neuen Gesetzes. „Auf diese Weise rücken die Natur und die Landschaft ins Blickfeld und erhalten mehr Wertschätzung. Sie sind Südtirols Kapital.“
Das neue Landesgesetz sei daher „eine Wertschätzung, eine Hommage an unsere Landschaft„, so Hochgruber Kuenzer. Es gehe nicht mehr um die Frage, wer wo wieviel bauen darf, sondern darum, ungenutzte Bestände einer neuen Nutzung zuzuführen. Innerhalb der Siedlungsgebiete komme freien Räumen als Erholungs- und Begegnungsorten ein neuer Stellenwert zu. Auch die Anbindung der Siedlungen an nachhaltige Verkehrswege werde von vornherein mitgeplant.
„Ein besonders wichtiger Aspekt ist, dass das neue Gesetz die Zuständigkeit für die Planung der Siedlungsgebiete den Gemeinden überträgt, die die Bedürfnisse vor Ort kennen und die Bürgerinnen und Bürger bei der Gestaltung miteinbeziehen können“, erklärte die Landesrätin. Die Identität mit dem Ort und der Gemeinschaft werde damit gestärkt: „Ich sehe im Gesetz eine Chance für die Gemeinden, sich das jeweils für sie maßgeschneiderte Kleid zu fertigen.“

Gemeindeentwicklungsprogramm als Masterplan
Wie das am Beispiel der Pilotgemeinden, die mit der Anwendung des Gesetzes bereits gestartet sind, funktioniert, erklärte heute Maria Gasser Fink, Bürgermeisterin von Klausen. Dort beteiligten sich die Bürger aller vier Fraktionen – Latzfons, Verdings, Gufidaun und Klausen – an einer Planungswerkstatt, konnten selbst Beiträge geben und sich die Inputs von Experten anhören.
„Für einige für die Zukunft Klausens wichtige Projekte konnten so gute Anregungen im Sinne des neuen Gesetzes gefunden werden, zum Beispiel für den Zug- und Busbahnhof als Mobilitätszentrum, das Seilbahnprojekt von Klausen bis Verdings und die Ausschreibung der neuen Sportzone“, berichtete Gasser Fink über die gesammelten Erfahrungen in der Arbeit mit den neuen Bestimmungen. „Das Gemeindeentwicklungsprogramm ist eine Auseinandersetzung aus verschiedenen Perspektiven, eine Art Masterplan für die Gemeinde: Es geht um das Vorausdenken, auch über die Frage, wie viel Wachstum in der eigenen Gemeinde gewünscht ist“, betonte die Bürgermeisterin. Diskussionen, die zwar Zeit brauchen würden, aber schlussendlich zielführend seien.
Eine besondere Rolle kommt laut Gasser Fink künftig den Planungsbüros zu: Nur wenn die Bürger gut durchdachte Projekte einreichen können, sei die Gemeinde in der Lage, innerhalb der Frist von 30 Tagen Rückmeldung zu geben.

Einzige Anlaufstelle für alle Bau- und Landschaftsangelegenheiten
Andreas Schatzer, Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes, erklärte im Rahmen der Pressekonferenz noch einmal die Aufgabe der neuen Gemeindekommission für Raum und Landschaft: „Sie ist keine Baukommission mehr, wie wir sie derzeit kennen, sondern eine Raumordnungskommission auf Gemeindeebene, die nicht über Projekte entscheidet, sondern den Gemeinden als beratendes Organ zur Seite steht“, betonte Schatzer. Nach den Gemeinderatswahlen wählen die Gemeinden ihre Mitglieder für die neue, siebenköpfige Kommission, die aus Sachverständigen für Raum und Landschaft besteht. Zudem müsse in allen Gemeinden die Servicestelle für Bau- und Landschaftsangelegenheiten eingerichtet werden, die als einzige Anlaufstelle für alle Bau- und Landschaftsangelegenheiten für Bürger und Techniker dient.
Als weitere wichtige Neuerung ging der Gemeindenverbandspräsident auf die Einführung der digitalen Bauakte ein. „Damit gehört die Papierform der Vergangenheit an: Alle Dokumente werden digital eingereicht und ausgegeben. Zugleich werden mit den digitalen Akten die Abläufe der Verfahren standardisiert“, erklärte Schatzer. Die neue digitale Plattform nennt sich SUAP-SUE-Portal und werde für die Abwicklung aller Verfahren in Bau- und Landschaftsangelegenheiten verwendet.Schatzers Resumee: „Viele haben den heutigen Termin für das Inkrafttreten des Gesetzes in Frage gestellt. Sicher: Es wird Schwierigkeiten in der Umsetzung geben. Und es werden auch Anpassungen nötig sein. Aber all dass ist bewältigbar.“ Er sei zuversichtlich, dass dies in enger Abstimmung mit Landesregierung und Landesverwaltung gelinge.

Einheitliche Standards im Bauwesen
Ressortdirektor Frank Weber erläuterte im Anschluss die neue Qualität in der Raumplanung: „Südtirol wird künftig mehr planen müssen – um transparente Rahmenbedingungen zu schaffen, um Baurechte eigenverantwortlich wahrnehmen zu können, um politisch mitbestimmen zu können: Das neue Gesetz schafft die Grundlagen für diesen Paradigmenwechsel„, betonte Ressortdirektor Weber. Die Durchführungsverordnungen würden die Standards festlegen, in denen sich Gemeinschaft und Bürger entwickeln können: „Einheitliche Standards im Bauwesen sollen zum besseren Verständnis und zur Klarheit in der Anwendung von Bestimmungen im gesamten Land beitragen“, wünscht sich Weber. Die tranparenten Entscheidungen würden das neue Gesetz auch zu einem politischen Instrument der Bürgerbeiteiligung machen, was ganz im Sinne der Demokratie sei.

Land begleitet Gemeinden bei Umstellung
Abschließend erklärte Landesrätin Hochgruber Kuenzer, wie der Übergang zum neuen Gesetz von Statten gehen wird: „Da die Gemeinderatswahlen aufgrund der Covid-Pandemie von Mai auf den Herbst verschoben worden sind, bleiben alle Baukommissionen bis November im Amt. Auch die Baurechtstitel, die im Laufe von 2020 verfallen würden, bleiben bis Ende des Jahres aufrecht. Und schließlich können alle Projekte, die bis zum 30. Juni eingereicht worden sind, noch nach den alten Bestimmungen abgewickelt werden.“ Zudem stehe ab sofort ein Experten-Tisch zur Verfügung: Er soll auftretende Fragen zu Arbeitsabläufen und Interpretationen von Gesetzesartikeln beantworten und Erfahrungswerte aus den Pilotgemeinden weitergeben. Zudem wird das Land einen Leitfaden mit „Sieben Schritten zuum Gemeindeentwicklungsprogramm“ erarbeiten und für eine Informationsreihe für Gemeinderatsmitglieder anbieten.  (LPA/mpi)