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Ursula Sulzenbacher aus Toblach

“Leidenschaft ist das Zauberwort – dann nämlich schaffst du auch große berufliche Herausforderungen.“

Wie ein Vulkan sprüht Ursula Sulzenbacher vor Energie und Tatendrang, ihre Augen strahlen vor Esprit und Temperament. Ihrer eruptiven Lebensfreude steht die steinharte Materie gegenüber, mit der sie zu tun hat. Die 43-jährige gebürtige Innichnerin ist Geologin.

Was wollten Sie als kleines Mädchen werden?
Als Kind sagte ich immer, ich will Mama werden (lacht). Da mein Vater Bauingenieur ist, fand ich es bereits als kleines Mädchen interessant, ihm beim Plänefalten zur Hand zu gehen. So erhielt ich einen ungezwungenen Zugang zu seiner Arbeit und hatte schon von klein auf keine Berührungsangst zu allem, was mit Technik zu tun hatte. Nach der Matura fiel es mir schwer, mich für ein Studium zu entscheiden, ich schwankte zwischen Biologie und Psychologie. Letztlich wollte ich einen naturbezogenen, tatkräftigen und abwechslungsreichen Beruf und entschied mich deshalb für das Studium der Geologie. In meiner Studienzeit in Innsbruck machten wir geologische Exkursionen in den Oman oder erforschten Vulkane auf den Äolischen Inseln, es war so spannend! Im Sommer arbeitete ich auch in Naturparken oder bei der Forst- und Domänenverwaltung. Meine Diplomarbeit schrieb ich über eine Hangrutschung im Ultental. Nach dem Studium arbeitete ich im Amt für Geologie und Baustoffprüfung in Bozen und bei EU-Projekten mit. Dann ergab sich eine Anstellung bei der Brunecker Außenstelle einer Firma aus Verona, welche die Tunnels im Gadertal plante. Mit der Zeit reifte in mir der Mut, selbständig zu werden, und seit 10 Jahren bin ich mit ganzem Herzen Freiberuflerin. Ich liebe die Herausforderung, Entscheidungen zu treffen und Projekte selbst zu betreuen.

Wie sieht Ihr Aufgabenspektrum als Technikerin aus?
Der Großteil meiner Arbeit sind Bauvorhaben, welche ich vom geologischen Gesichtspunkt aus begutachte. Ich mache Analysen für Trinkwasser für Gemeinden, weise Trinkwasserschutzzonen aus, betreue Straßenbauprojekte, begutachte Oberflächenrutschungen und Grundwasservorkommen oder erstelle Gefahrenzonenpläne für Gemeinden. Einen Teil meiner Arbeitszeit sitze ich jedoch nicht vor dem PC, sondern bin im Freien unterwegs und betreue meine Projekte in den verschiedenen Gemeinden.

Welche Einsätze forderten Sie besonders?
Diesen Februar arbeitete ich bei den Sicherungsarbeiten am Virgl, wo 800 Tonnen Gestein oberhalb der Brennerstraße gesprengt wurden. Aktuell befasse ich mich mit einem spannenden EU-Projekt, wobei zwischen Innichen und Sexten ein Bypass-Tunnel geplant ist, der als Hochwasserschutz fungieren soll. Weiters arbeite ich bei einer spektakulären, interdisziplinären Baustelle in Sexten, wo es um eine Absenkung des Grundwassers geht. Geotechnisch schwierige Voraussetzungen finden sich generell immer im Gadertal. Und eine große Herausforderung ist das neue Urbanistikgesetz. Es bleibt also spannend!

Wie sehr belastet Sie das Risiko in diesem Beruf?
Ich kann auf sehr gute Mitarbeiter sowie die Bauingenieure unseres Büros und deren langjährige Erfahrung zurückgreifen. Gute Teams bestehend aus kompetenten Architekten und Bauingenieuren umgeben mich. Ich beratschlage mich mit ihnen und bin offen für Meinungen anderer.

Wie empfinden Sie Ihre Akzeptanz in einer Männerdomäne?
Ich sehe keine Nachteile, auch wenn ich meist die einzige Frau auf einer Baustelle bin. Und natürlich kann ich dort nicht mit Rock und High Heels aufkreuzen. Als eine der wenigen Frauen auf einer Baustelle genieße ich jedoch den „Wiedererkennungswert“. Natürlich gibt es auch skeptische Blicke, welche anzweifeln, dass Frau und Technik vereinbar sind. Aber generell ist die Akzeptanz sehr gut. In Technikerkreisen, Arbeitsteams und bei Fachgesprächen wurde meine Kompetenz nie angezweifelt.

Worin möchten Sie noch besser werden?
Wäre ich doch eine Eule und könnte auch nachts aktiv sein. Ein Tag reicht oft nicht aus, um alle Vorhaben und Ideen unterzukriegen (lacht). Mein Beruf ist meist recht fordernd und ich kann mit Stress recht cool umgehen. Wünschen würde ich mir aber, wenn ich aus einem 24-Stunden-Tag etwas mehr Zeit für mich selbst und meine Familie herausholen könnte.

Wie bringen Sie Familie und Beruf unter einen Hut?
Da mein Mann auch Bauingenieur ist, sind wir tagsüber nicht zu Hause. Wochentags müssen die Fürsorge und Verpflegung unserer beiden grundschulpflichtigen Töchter mit unserem Kindermädchen gut abgestimmt werden. Ich finde, dass unsere Mädels ziemlich selbständig geworden sind, da nicht jedes Tun von den Eltern kontrolliert wird. Da spreche ich aus eigener Erfahrung, da meine Mutter ein Geschäft führte, mein Vater auch viel unterwegs war und ich ebenso sehr selbständig aufwuchs. Der Vorteil, den ich daraus erfuhr, ist, dass mich heute nichts so schnell aus der Bahn wirft. Das Wochenende aber gehört meiner Familie, wir sind sehr aktiv und unternehmen viel gemeinsam. Wir klettern, radeln, schwimmen, sind gerne in der Natur unterwegs oder treffen Freunde. Es liegt mir sehr viel daran, unsere gemeinsame Zeit kreativ zu gestalten. (IB)