„Autonomie für alle“: Zahlreiche Initiativen zum Autonomie-Jubiläum

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„Autonomie für alle“: Zahlreiche Initiativen zum Autonomie-Jubiläum

Südtirols Geschichte in den Blickpunkt holen und die Bedeutung der Autonomie für die Zukunft aufzeigen, ist das Ziel der Initiativen 50 Jahre nach Inkrafttreten des Zweiten Autonomiestatuts.

Am 20. Jänner 1972 jährt sich das Inkrafttreten des Zweiten Autonomiestatuts, mit dem Südtirol zum eigentlichen Träger der Autonomie wurde, zum 50. Mal. Ein weiteres bedeutendes Jubiläum wird in diesem Jahr 2022 begangen: Mit der Streitbeilegung durch Österreich gegenüber Italien am 11. Juni 1992, also vor 30 Jahren, wurden der vor der UNO aufgeworfene Südtirol-Streit formell beendet und die Entwicklung der dynamischen Autonomie eingeleitet. Diese beiden zeitgeschichtlichen Ereignisse geben Anlass zu zahlreichen Veranstaltungen, die heute (17. Jänner) im Landhaus 1 in Bozen im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wurden.

Autonomie für alle
„Dieses Jahr 2022 ist ein besonderes Jahr, in dem wir uns erinnern, aber auch nach vorne schauen“, leitete Landeshauptmann Arno Kompatscher die Vorstellung der Initiativen zum halben Jahrhundert Zweites Autonomiestaut im Landhaus 1 in Bozen ein. Es werde viele Initiativen geben. Anliegen des Landes sei gewesen, Institutionen einzubinden, vor allem aber die Menschen mitzunehmen. „Die Autonomie ist die Autonomie aller Südtirolerinnen und Südtiroler, das soll spürbar werden“, betonte Kompatscher. In diesem Bewusstsein haben Landesregierung, Landtag, die Freie Universität Bozen, die Europäische Akademie aber auch andere Institutionen, Verbände und Vereine ein umfassendes Aktions- und Veranstaltungsprogramm erarbeitet, das Südtirols Geschichte in den Blickpunkt holen, aber auch die Bedeutung und den Auftrag aufzeigen wird, die das Zweite Autonomiestatut in sich birgt.
Landeshauptmannstellvertreterin Waltraud Deeg bezeichnete die Autonomie als Erfolgsgeschichte, die durch ein starkes Verantwortungsgefühl aller Akteurinnen und Akteure gekennzeichnet sei. „Das Zweite Autonomiestatut ist das Fundament für eine nachhaltige, gute gesellschaftliche und soziale Entwicklung. Der Zweck der Autonomie ist es, die Lebensbedingungen aller Menschen, die hier leben, stetig zu verbessern“, unterstrich Landesrätin Deeg. Als wichtigste Motivation und Auftrag für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bezeichnete die Soziallandesrätin die sozialen Anliegen. Gemeinsam wolle man das Gedenkjahr nutzen, um das Wissen und den großen Wert der Autonomie bei allen Alters- und Sprachgruppen zu erweitern: „Wir wollen die Lust auf eine gelebte Autonomie, auf Mitgestaltung verstärken“, führte Deeg aus.

Autonomie als Motor der sozialen Mobilität
Für den italienischen Landeshauptmannstellvertreter Giuliano Vettorato stellt Südtirols Autonomie „eines der ersten fortschrittlichen Rechtssysteme zur Regelung der Beziehungen zwischen Zentralstaat und territorialer Autonomie“ dar. Er verwies darauf, dass die italienische Sprachgruppe an der Autonomie festhalte und die lokale Kultur ebenso wie die Traditionen liebe. Er bezeichnete die Autonomie als Motor einer sozialen Mobilität: „In unserer Region ist es leichter möglich, unabhängig von der Herkunft durch Studium und Einsatz Schlüsselpositionen in Arbeitswelt und Gesellschaft zu erreichen.“
Das Zweite Autonomiestatut bilde die Grundlage für den Minderheitenschutz in Südtirol. Letzterer sei Bezugspunkt für Minderheiten in ganz Europa, sagte der ladinische Landeshauptmannstellvertreter Daniel Alfreider. Das Zweite Autonomiestatut stelle die Basis für das friedliche Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol dar: „Die erreichten Ziele und die gesicherten Rechte für die ladinische Sprachgruppe sowie für alle Südtirolerinnen und Südtiroler sollen eine Motivation sein, um weiter als Gemeinschaft zu wachsen, sowie auch ein Impuls für den Zusammenhalt, damit wir alle in dieselbe Richtung gehen. So können wir auch in Zukunft unsere Identität bewusst leben, auf die wir stolz sein können und müssen.“

20. Jänner: Feierstunde im Landtag
„Wäre das Zweite Autonomiestatut vor 50 Jahren nicht in Kraft getreten, wäre die ganz besondere Entwicklung unseres mehrsprachigen Landes nicht möglich gewesen“, betonte Landtagspräsidentin Rita Mattei. Der Landtag als gesetzgebendes Organ wird das Jubiläum am kommenden 20. Jänner im Rahmen einer Feierstunde begehen. Landtagspräsidentin Mattei berichtete über verschiedene Aktionen, die der Landtag im Sinne seines bildungspolitischen Auftrags gesetzt habe: So seien Programme für Schulklassen erstellt und der Video-Wettbewerb „Die Autonomie Südtirols bedeutet für uns …“ für Schulen durchgeführt worden. Die zwei Klassen, die den Video-Wettbewerb für sich entschieden haben, wurden heute vorgestellt. Es handelt sich um die Klasse 4B Medien der Landesberufsschule Gutenberg Bozen, die den Jurypreis erobert hat, sowie die Klasse 5B-WS (Wirtschaft und Sprache) der WFO Heinrich Kunter Bozen, an die der Publikumspreis geht.

Zahlreiche Veranstaltungskooperationen
Eine Reihe von Veranstaltungspartnern nahmen an der heutigen Vorstellung wegen der Corona-Sicherheitsmaßnahmen in Videokonferenz teil. Der Leiter des Kompetenzzentrums für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen (FUB), Oswald Überegger, berichtete darüber, dass das Kompetenzzentrum einen eigenen Veranstaltungsschwerpunkt zu „50 Jahre Zweites Autonomiestatut“ eingerichtet habe. Im Mittelpunkt stehe vor allem die Geschichte der Autonomieentwicklung. Als drei Hauptinitiativen zählte Überegger die Vortragsreihe „Modellfall Südtirol?“, eine wissenschaftliche Tagung zu den emotionsgeschichtlichen Perspektiven auf regionale Autonomie- und Unabhängigkeitsbewegungen und die Initiative „History on Tour“ auf, bei der Geschichte in die Peripherie gebracht wird.
Das bei Eurac Research angesiedelte Center for Autonomy Experience hat ebenfalls ein umfangreiches Programm zum Thema entwickelt, in das dessen Leiter Marc Röggla Einblick gab. Bereits online sind eLearning-Kurse zu Südtirols Geschichte und Autonomie. Auf dem Programm stehen zudem eine Konferenz zur Zukunft der Autonomie Ende Mai, eine Webinar-Reihe zur Südtirol-Autonomie, „Lectures“ für Ober-, Fach- und Berufsschulen, eine philosophische Woche anfangs April sowie die Filmreihe „Minderheiten“ in Zusammenarbeit mit dem Filmclub, bei der zwischen Februar und November Filme über Minderheitensituationen und Konflikte zu sehen sind.

Theaterprojekte, Kompositionswettbewerb, Autonomie-Walks
Auch die Theaterwelt wird in diesem Jahr das Thema der Autonomie aufgreifen, wie Irene Girkinger von den Vereinigten Bühnen Bozen, Barbara Gambino vom Teatro Stabile und Gaia Carroli vom Teatro Cristallo berichteten. VBB-Intendantin Girkinger stellte das Gemeinschaftsprojekt des Center for Autonomy Experience/Eurac Research, der Vereinigten Bühnen Bozen, der Südtiroler Autorinnen- und Autorenvereinigung und des Messner Mountain Museum Sigmundskron „Autonomiestatut-Reloadet“ vor, in dem das Autonomiestatut künstlerisch bearbeitet und dann auf großen Tafeln in Südtirols Städten präsentiert wird, sodass sich auch Bürgerinnen und Bürger an dieser Weiterschreibung beteiligten können. Die Ergebnisse werden im September im MMM Firmian vorgestellt. Bei dem Kooperationsprojekt von Teatro Stabile und Cristallo „In quello strano paese“ geht es um die Aufarbeitung der Geschichte von der Nachkriegszeit bis 1972.
Anschließend gab der Historiker und Mitarbeiter der ladinischen Kultur- und Bildungsdirektion, Carlo Suani, Einblick in seine Arbeit zu einem Buch über die juridischen Grundlagen für das ladinische Bildungssystem und dessen Entwicklung.
Johann Finatzer vom Verband Südtiroler Musikkapellen stellte den zum 50. Autonomie-Geburtstag ausgeschriebenen Kompositionswettbewerb vor. Bei diesem handelt es sich um eine Zusammenarbeit des Südtiroler Landtages, der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino, des Südtiroler Künstlerbunds, der Haydn-Stiftung, des Verbands Südtiroler Musikkapellen und des Konservatoriums Claudio Monteverdi. Gesucht wird ein Musikstück für Musikkapellen zum Thema „50 Jahre Zweites Autonomiestatut“. Für die Siegerkomposition gibt es einen Geldpreis. Das Jugendblasorchester der Euregio wird das Musikstück anlässlich des Europatages vom 7. bis 8. Mai an verschiedenen Orten in der Euregio aufführen.
Autonomie und Geschichte kann man auch in den jüngeren Bozner Stadtvierteln Don Bosco oder Europa erleben, und zwar bei Spaziergängen: Über die Initiative „Manhatten Walk“ von Bolzanism Museum informierte Valentina Cramerotti.
Nicht fehlen darf das Thema Autonomie zudem bei den Aktionstagen Politische Bildung, die von 2. bis 9. Mai stattfinden: Alfred Mitterer schilderte stellvertretend für alle Vereine, Organisationen und Personen, die im Rahmen der Aktionstage Aktivitäten organisieren, die vom Bildungsausschuss Terlan zum Jahresthema „meine . deine . unsere Autonomie“ geplanten interaktiven Aktionen.

Weitere Autonomie-Initiativen
Neben der Feierstunde im Landtag am 20. Jänner sind in diesem Jahr auch zu zwei weiteren Autonomie-Tagen Veranstaltungen geplant. Am 11. Juni wird der 30. Jahrestag der Streitbeilegung mit einer Veranstaltung im Bozner Stadttheater begangen. Der Tag der Autonomie, der 5. September, soll in diesem Jahr im Kurhaus in Meran gefeiert werden.
Die Landesverwaltung hat zum Jubiläumsjahr eine neuen Webseite zur Autonomie freigeschaltet. Informationen zu „50 Jahre Zweites Autonomiestatut“ gibt es auch in Leichter Sprache. Neu erschienen ist zudem ein Autonomie-Handbuch, in Vorbereitung ist ein Autonomie-Heft der Landeszeitung LP.
Alle weiteren Informationen zum Autonomie-Jahr 2022 finden sich auf der neuen Autonomie-Webseite in den drei Landessprachen:

(jw)