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Familie braucht Rückgrat

Angelika Mitterrutzner, dreifache Mutter und Großmutter, ist seit 1991 im Katholischen Familienverband Südtirol aktiv und in bereits 3. Legislatur dessen Präsidentin. Zu gut kennt sie die Probleme und Anliegen der verschiedensten Familienkonstellationen. Über ihre Motivation als KFS-Präsidentin und über brisante Themen spricht sie im KFS-Sommergespräch.

Woraus schöpfen Sie die Kraft, das Amt der KFS-Präsidentin auszuüben bzw. wodurch angespornt haben Sie die Nominierung zur bereits 3. Legislatur bei der Wahl im Vorjahr angenommen?
Angelika Mitterrutzner: Meine Motivation ist die Gewissheit, dass es Menschen braucht, die sich für die Belange der Familien in Südtirol und darüber hinaus einsetzen – die Stimme der einzelnen Familie geht im Getöse des Alltags leider unter, deshalb fühlt sich der KFS als Sprachrohr für viele Familien. Bewusst sage ich nicht für alle Familien, denn ein Sprichwort lautet „Jedem recht getan ist eine Kunst, die niemand kann“ und natürlich sind nicht immer alle mit allem einverstanden. Eine Pandemie, die nur wenige Sitzungen und Zusammenkünfte in Präsenz ermöglichte, hat es schwer gemacht in persönlichen Gesprächen nach neuen motivierten Köpfen für den Vorstand zu suchen. Wir hatten auch eine Optimierung unserer Bezirke vorgenommen und mussten uns mit dieser neuen Struktur erst zurechtfinden. Gerne bin ich dem Wunsch der Vorstandsmitglieder nachgekommen und habe eine erneute Kandidatur angenommen.

Wie hat sich die Familie im Laufe der vielen Jahre, die Sie im KFS sind, gewandelt?
Ich bin seit 1991 im KFS aktiv. Gewandelt hat sich so einiges, gab es früher in einigen Orten sogenannte Mütterrunden, wo sich Frauen mit (und ohne) Kinder am Vormittag getroffen haben um sich weiterzubilden, gemeinsam zu basteln oder etwas zu unternehmen, ist das heute kaum noch praktikabel. Heute müssen in den allermeisten Familien beide Elternteile arbeiten. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit hat es mit sich gebracht, dass die Familien Angebote unserer Zweigstellen gerne annehmen, persönliches Engagement und ehrenamtlicher Einsatz aber leider oft auf der Strecke bleiben. Manchmal habe ich den Eindruck, dass das Wohl des Kindes nicht immer an erster Stelle steht, sei es in der Familie, in der Betreuung, in der Bildung, in der Freizeit – das finde ich bedenklich und sehr schade.

Welches sind für Sie persönlich die drei wichtigsten Werte, die heute in der Gesellschaft zunehmend fehlen und für die Sie brennen?
Herzlichkeit, Solidarität, gemeinsam getragene Verantwortung für Mensch und Natur.

Wie machen sich die Teuerungen für die Familien in Ihrer Wahrnehmung bemerkbar?
Die Teuerungen sind eine Tatsache, mit der wir uns momentan sehr stark beschäftigen müssen – und ein Patentrezept habe ich nicht auf Lager. Sicher haben viele Familien Probleme damit zurecht zu kommen, trotzdem entspricht es scheinbar der Südtiroler Mentalität, sich irgendwie durchzuwursteln und möglichst nicht zuzugeben, wie schwer man sich tut. Anders kann ich mir nicht erklären, dass wenige Südtiroler Familien um eine Unterstützung bei unserem Hilfsfond FiN (Familie in Not) ansuchen. Als KFS versuchen wir stets Hilfestellung zu geben. Wenn die Corona-Lockdown Zeiten auch oft bitter und gewöhnungsbedürftig waren, viele haben das gemeinsame, langsamere und reduzierte Leben genossen, war es für manche Familie doch ein Runterfahren zum Einfachen, Wesentlichen…

Sie selbst sind Mutter und Oma, Ehefrau und Hausfrau und waren jahrzehntelang „nebenher“ oder hauptsächlich berufstätig: Wie war das zu stemmen und gibt es ein Geheimrezept?
Geheimrezept gibt es keines. Geholfen hat mir ein verständnisvoller Arbeitgeber, mein Organisationstalent, meine Belastbarkeit, das Zurückstellen persönlicher Wünsche, mein Ehrgeiz und vor allem das Zusammenspiel in der Familie, das Verständnis meines Mannes, meiner Kinder, die Unterstützung meiner Mutter, der ich dann jahrelang (in zunehmendem Alter pflegebedürftig) vieles zurückgeben durfte, was sie für mich und meine Familie getan hat. Ein gesunder Optimismus und die Freude über Gelungenes, aber auch das Zulassen von Unvollendetem – das sind meine Wegbegleiter.

Vor welchen größten Herausforderungen stehen die Familien von heute?
Die Familien brauchen heute schon ein starkes Rückgrat, auch eine gute Portion Selbstbewusstsein, vor allem die nötigen finanziellen Unterstützungsmaßnahmen und nicht zuletzt die besonders wichtigen sozialen Kontakte (Großeltern, Nachbarschaftshilfe etc…)

Wie will es dem KFS gelingen, die Familien mit ihren Anliegen und Problemen abzuholen?
Unsere 114 KFS-Zweigstellen in den einzelnen Dörfern und die zehn KFS-Bezirke sind sehr aktiv, organisieren südtirolweit Aktionen, Kurse, Vorträge, Feste, religiöse Feiern im Jahreslauf für die Familien und gestalten damit das aktuelle Dorfleben für die Familien. Zudem bietet der Verband Kinderbetreuung (Erlebniswochen) in der Ferienzeit, ein Weiterbildungsprogramm mit Online-Vorträgen und Referaten in Präsenz zu den verschiedensten Themen das ganze Jahr hindurch. All das ergänzt mit unseren bewährten Projekten Familien-Jolly, Sternenkinder, Freiwilligenprojekt Frühe Hilfen. Auch in unserer Verbandszeitschrift FiS (Familie in Südtirol) werden aktuelle Themen von Fachleuten kritisch unter die Lupe genommen und beantwortet. So werden die Familien konkret unterstützt. (BU/red)