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„Es wird ein harter Kampf werden!”

Pfalzen/Oberstdorf – Der 32-jährige Pfalzner Dietmar Nöckler ist seit Jahren das Aushängeschild des Südtiroler Langlaufs. Nach ein, zwei schwierigeren Jahren samt Rausschmiss aus der Nationalmannschaft hat er sich heuer stark zurückgekämpft und will bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Oberstdorf über die Königsdistanz, den 50 Kilometern im klassischen Stil, aufzeigen.

Dietmar, seit letzter Saison bist du nicht mehr Teil des Nationalteams und hast die Vorbereitung auf diese Saison Großteils alleine, bzw. mit der Sportgruppe der Polizei absolviert. Inwiefern hat das deine Saisonsvorbereitung beeinträchtigt?
“Mit Sicherheit war es eine kleine Umstellung, durch die Aussortierung war ich nicht mehr so oft in Trainingslagern und habe mehr Zeit zu Hause verbracht. Der Vergleich mit dem besten Athleten hat mir etwas gefehlt, in der Polizei-Sportgruppe habe ich vermehrt mit Nachwuchsathleten zusammen trainiert. Beim Training habe ich einige Sachen umgestellt und ausprobiert; habe mehr Umfänge trainiert und die intensiven Einheiten simpel gestaltet. In der ersten Phase der Vorbereitung habe ich viele Kilometer auf dem Rad zurückgelegt, während des ersten Lockdowns war ich ständig auf dem Rollentrainer. Ob sich die Umstellung im Training positiv ausgewirkt hat ist schwer zu sagen, manchmal läuft es im Sport rund und manchmal nicht so wie gewünscht, ohne es sich erklären zu können. Meiner Meinung nach haben die Italiener im letzten Jahrzehnt die Entwicklungen im Training verschlafen und hinken deshalb den führenden Nationen hinterher.”

Mit starken Leistungen im Italienpokal und im Europacup hast du dich für die Weltmeisterschaft empfohlen. Wie sah dein Training in den letzten Wochen im Hinblick auf das Saison-Highlight aus?
“Erst ein paar Tage nach meinem Sieg beim letzten nationalen Rennen in Pragelato habe ich Bescheid bekommen, dass ich fürs WM-Aufgebot nominiert worden bin. In den letzten Wochen habe ich mich spezifisch darauf vorbereitet. Sprich viele lange Einheiten, auch mit höherer Intensität und langen Intervallen absolviert, um dieselbe Belastung zu simulieren. Unter anderem war ich auch in der Höhe und habe anfangs der Woche eine Kohlenhydrat-Diät gemacht. Dabei habe ich drei Tage fast alle Kohlenhydrate vom Speiseplan gestrichen. Um meinen Körper dadurch in ein Defizit zu versetzen und nachher die Glykogen-Speicher wieder aufzufüllen.”

Mit welcher Erwartungshaltung gehst du in den 50 Kilometer Wettkampf?
“Ein konkretes Endresultat habe ich mir keines zum Ziel gesetzt. Um realistisch zu sein muss ich gestehen, dass ich nicht mehr mit den allerbesten mithalten kann, dazu ist das Niveau einfach zu hoch. Ich will einfach meine beste Leistung abrufen, ein gutes Rennen zeigen und meine Chance nützen. Wichtig wird sein gut ins Rennen rein zu starten, je nach Verlauf werde ich dann meine Taktik anpassen.”

Wie gut gefällt dir die Strecke und was sagst du zu den warmen Bedingungen?
“Eigentlich habe ich nur positive Erinnerungen an Oberstdorf, dort habe ich meistens gute Ergebnisse erzielen können. Die Strecke wurde für die Weltmeisterschaften nochmals leicht umgebaut und zusätzlich erschwert. Herzstück der Loipe ist mit dem Burgstall ein brutal langer Anstieg, was mir eigentlich nicht entgegenkommt. Im Klassischen Stil fühle ich mich allerdings wohl und sollte die anspruchsvolle Strecke meistern können. Bei den 50 Kilometern müssen wir über 2.000 Höhenmeter bewältigen. Die Loipe wurde bisher immer gesalzen, damit stellten die Veranstalter trotz der extrem warmen Temperaturen eine recht kompakte Unterlage zur Verfügung. Die nassen Verhältnisse liegen mir ganz gut.”

Du hast ja bereits zwei Weltmeisterschafts-Medaillen zuhause hängen, wie speziell war es auf ein Weltmeisterschaftspodest zu steigen?
“Auf alle Fälle waren die zwei WM-Medaillen im Team-Sprint 2015 und 2017 zwei herausstechende Höhepunkte in meiner bisherigen Karriere! Natürlich wäre es auch einmal schön gewesen eine Einzel-Medaille holen zu können, andererseits war es toll diese Erfolge mit meinem Teamkollegen Federico Pellegrino zu teilen.”

Mittlerweile zählst du zu den Routines im Langlaufzirkus, hast du bereits Pläne für die Zeit nach deiner aktiven Karriere?
“In Italien bin ich mit meinen 32 Jahren der Älteste, nichts desto trotz finde ich, dass ich immer noch auf einem guten Level bin. Wenn ich darf, werde ich auf alle Fälle noch weiter machen. Mir gefällt der Langlaufsport einfach zu gut, das Training ist abwechslungsreich und die Rennen fordern, genau das macht es aus! Vielleicht tun sich in der Zukunft andere Türen auf. Vor wenigen Wochen habe ich die Skilehrerausbildung abgeschlossen und könnte mir gut vorstellen, nach der aktiven Karriere bei der Polizei-Sportgruppe als Trainer weiter zu arbeiten.”

Was hältst du von der Marathon-Szene im Langlauf, würde dich ein Einstieg in die langen Distanzen reizen?
“Ich muss sagen, die Langstrecken-Rennen taugen mir wirklich gut. Das Niveau ist mittlerweile fast auf Augenhöhe mit dem Weltcup. Wenn ich bei den Weltmeisterschaften nicht nominiert worden wäre, hätte ich mich heuer beim Vasalauf in Schweden (90 Kilometer Volkslanglauf) an den Start gestellt. Besonders die Marcialonga möchte ich als aktiver Athlet einmal erleben. Natürlich muss ich dafür die Freigabe von der Sportgruppe bekommen, die Pflichten bei den “normalen” Rennen stehen da an erster Stelle!”

Viel Erfolg bei deinem Rennen! (MT)