Sand in Taufers – Vor 500 Jahren fand im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ein großer Aufstand der Bauern statt. Sie kämpften gegen die Ausbeutung und Unterdrückung von Adel und Kirche.
Ihren Anfang nahmen die Aufstände im Gebiet des Schwarzwaldes und breiteten sich in der Folge über Thüringen, Franken bis nach Tirol und in die Schweiz aus. Zentrales Postulat waren die „Zwölf Artikel der Bauernschaft“, das ihre sozialen, wirtschaftlichen, rechtlichen, politischen und religiösen Forderungen zusammenfasste und als „göttliches Recht“ beanspruchte. In den Artikeln ging es um: Abschaffung der Leibeigenschaft und Erleichterung des Frondienstes; das Recht, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen; Abschaffung der Erbschaftssteuer; jede Gemeinde darf selbst ihren Pfarrer wählen und absetzen usw. Diese 12 Artikel gelten heute als erste Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten.
Der zündende Funke
Die Obrigkeit jedoch bezog sich auf eingesessenes Recht und politische Macht. Es kam zur Verhärtung der Fronten. Den erfolglosen Verhandlungen zwischen Bauernschaft und Lehensherren folgten Plünderungen und bewaffnete Auseinandersetzungen. Im April 1525 wurde im Zuge einer Bauernrevolte Graf Ludwig von Helfenstein getötet. Dies gilt als Auslöser des Flächenbrandes der Deutschen Bauernkriege. Die Auseinandersetzungen sind von zahlreichen Reformatoren geprägt: der Theologe Thomas Münzer (1489-1525) kämpfte gegen die geistliche Obrigkeit und Standes-Privilegien. Der Schweizer Theologe Ulrich Zwingli (1484-1531) mahnte die Obrigkeit, sich an die Bibel und an das von den Bauern geforderte „göttlichen Recht“ zu halten. Die Aufständischen beriefen sich auch auf Martin Luthers (1484-1546) Schrift „Von der Freyheit eines Christenmenschen“ und sahen sich bestärkt in der Forderung nach Absetzung der Leibeigenschaft.
Aufstände im Pustertal
Peter Passler (?-1527) aus Antholz rief zum Aufstand gegen den Bischof von Brixen Sebastian Sprenz auf, nachdem dieser seiner Familie das Fischereirecht entzogen hatte. Der Sterzinger Michael Gaismair (1490-1532) wurde als Schreiber für den Bischof von Brixen mit dem Fall Peter Passler konfrontiert. Aufgrund seiner politischen Ansicht schloss er sich den aufständischen Bauern an: Er wollte eine Gesellschaft ohne Privilegien, Adel und Klerus sollten abgeschafft werden. Alle Gesetze sollten auf dem Wort Gottes basieren in der Form einer christlichen Republik. Die Bauern wählten Michael Gaismair als ihren Anführer, hielten im Mai 1525 einen „Landtag“ in Meran ab und formulierten in den „Meraner Artikeln“ ihre Forderungen. Am 11. und 12. Mai 1525 überfiel Michael Gaismair mit 5.000 aufgebrachten Bauern die Stadt Brixen samt Hofburg und Kloster Neustift. Sie hinterließen eine Spur der Verwüstung, vernichteten Schuldscheine und Urbare und plünderten Konvent und Keller. Signifikant an den Bauernkriegen war ihr versetzter Ablauf. In manchen Regionen waren die Revolten bereits niedergeschlagen, während sie in anderen erst begannen. Als auch die Bauern in unserem Land den Widerstand aufgaben wurden viele gefangen genommen und hingerichtet. Passler und Gaismair flohen. In der Nähe von Udine wurde Passler von seinem Freund Lukas Wieser aus dem Pinzgau erschossen, der es auf das von Erzherzog Ferdinand I. ausgesetzte Kopfgeld auf Passler abgesehen hatte. Michael Gaismair indes wurde 1532 in Padua ermordet, ebenfalls als Opfer eines Kopfgeldes des Erzherzogs. Gaismair hatte sich als erster Freiheitskämpfer unseres Landes gegen die Übermacht der Obrigkeit aufgelehnt – und verlor. Auch im Ahrntal rebellierten Bauern gegen Unterdrückung. Bereits 1523 soll Barthlmä Duregger aus St. Peter im Ahrntal öffentlichen Aufruhr begangen haben. Er wurde gefangen genommen und nach Bruneck gebracht, konnte jedoch fliehen. Von seinem Unterschlupf aus ließ er eine Hetzschrift verbreiten, in dem er Bruneck mit Mord und Brand drohte. Später vereinigte sich Duregger mit Knechten, Wilderern und auch mit Peter Passler und sie zogen raubend und plündernd durch das Tauferer Ahrntal. Der Richter von Taufers Lorenz Preitenauer ließ jene, die den Rebellen Schutz und Unterkunft gewährten, gefangen nehmen. Am 14. Mai 1525 wurde der Pfleger von Burg Neuhaus in Gais von Aufständischen verjagt und die Burg besetzt. Erst als er versprach, die von den Bauern gestellten Forderungen zu erfüllen, durfte er wieder auf seine Burg zurück.
Das Ende der Bauernkriege
Die Bauern zogen mit Heugabeln, Sensen und Dreschflegeln in den Kampf. Natürlich waren sie den Schwertern der kampferprobten Ritter bei weitem unterlegen. Zudem verunsicherten unterschiedliche Aussagen der Reformatoren die Bauern zusätzlich, waren doch Glaube und Frömmigkeit ihr oberstes Credo. Hauptsächlich fehlte es ihnen jedoch an militärischer Schlagkraft, um sich der Macht der Obrigkeit entgegenzusetzen. Heute ist die Bauernschaft in einem schlagkräftigen Interessenverband organisiert.
Ausstellungen
Ausstellungen in der Burg Taufers und im Volkskundemuseum Dietenheim dokumentieren die Geschichte um die Bauernkriege. Die Fluchtwege des Michael Gaismair, der mit einem Heer von 2.000 Mann über die Berge zog, sowie weitere historische Fluchtrouten sind im Lumen am Kronplatz und in der Burg Heinfels bei Sillian zu sehen.
IB