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Über das Ahrntal

Teil 3 – Als ersten Pfarrer  von Ahrn erwähnt die Chronik Heinrich Musauge. Er stammte aus Kastelruth und wird in einer Urkunde aus dem Jahre 1277 als Zeuge genannt.

 

 

Dass es im Ahrntal schon vorher eine funktionierende Seelsorge gegeben haben muss, bestätigt die Existenz des schon genannten Brixner Domherrn Wernherus von Oueren, der um die Mitte des 12. Jahrhunderts lebte und sowohl für das Heilig-Kreuz-Spital in Brixen als auch für das Domkapitel Stiftungen machte. Seinem Namen nach dürfte er nicht bäuerlicher Herkunft gewesen sein. Von den in der Ahrner Pfarrchronik namhaft gemachten 41 Pfarrherren, die auf Heinrich Musauge folgten, finden sich hervorragende Geistliche, die dann in der Chronik meist mit dem Titel „verus pastor aureae vallis“ (wahrer Hirte des Ahrntales) versehen sind. Dazu gehören etwa Bernardus Triefus (1377-1419) oder Kaspar Zechenter (1474-1492). Einige der Geistlichen, denen die Pfarre Ahrn offiziell überlassen worden war, haben diese nie betreten. Sie haben nur die Einnahmen kassiert, die dem Pfarrer zustanden, haben aber die Seelsorgsarbeit Vikaren  überlassen, die sie einsetzen durften. Lorentius Hammer gehörte zu ihnen, der brixnerischer Hofnotar war und Kaplan und Sekretär des Bischofs Nikolaus Cusanus. Sein Vikar war sein Bruder Johannes Hammer, der als „rector ecclesiae aureae vallis … multa bona fecit“ (als Leiter der Kirche des Ahrntales viel Gutes tat). Auch Jacobus Kiemser war bischöflicher Sekretär und ließ sich in Ahrn von einem Vikar vertreten, der Heinrich Staudenrausch hieß und im Jahre 1508 als Pfarrer von Sillian an der Pest starb. Zwei Pfarrer von Ahrn wurden Opfer rebellischer Bauern, welche zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Vorfeld der Bauernkriege es vor allem auf Kirchengut abgesehen hatten. Wolfgang Harpfer, der zweite Vikar Jacobus Kiemsers (nach Heinrich Staudenrausch) wurde von zwei Ahrner Bauern, und zwar vom Pfarrmesner Peter Weißenbach und von Nikolaus Steinpent, ausgeraubt. Steinpent wurde dafür in Innbruck geköpft, während der Mesner mit dem Leben davon kam, weil er das geraubte Geld zurückgab. Andreas Spat, dem dritten Vikar Kiemsers, ging es nicht viel besser. Er wurde im Jahre 1525 vom einem Haufen aufständischer Ahrntaler Bauern, angeführt von Bartlmä Duregger aus St. Peter, all seiner Güter beraubt, sodass er „in summa paupertate decessit“ (in höchster Armut verstarb). Das 16. Jahrhundert war jene Zeit, in der die Geistlichen am wenigsten dem Ideal entsprachen, das wir uns von ihnen zurechtgelegt haben. Ein Beispiel dafür gibt der Pfarrer Hieronymus Schüssler ab, der von 1557-1590 Pfarrer in Ahrn war. An ihn erinnert ein altarähnlicher Gedenkstein, den er sich schon zu Lebzeiten in der Kirche von St. Martin aufstellen ließ. Als der Bischof anlässlich einer Visitation verlangte, der Stein müsse entfernt werden, da an dieser Stelle nur Platz für Heilige sei, half auch die Drohung mit der Strafe der „suspensio a divinis“ (Amtsenthebung) nichts. Der Stein ist heute noch dort, wo er damals dem Bischof negativ aufgefallen ist. Pfarrer Schüssler hielt sich, wie viele Geistliche damals, nicht an den Zölibat und hatte von seiner Konkubine eine Stube voll Kinder. Seiner geistlichen Karriere war das nicht abträglich. Schüssler wurde als Vertreter des Pustertaler Klerus in die große Synode der Kirchenprovinz Salzburg gewählt und 1590, als er die Pfarre Ahrn aufgab, als Dekan des Kollegiatsstiftes nach Innichen berufen. In die Ahrner Pfarrchronik  nennt ihn einer seiner Nachfolger „einen tätigen, für seine Zeit gelehrten, aber eigensinnigen und stolzen Mann, in den Fesseln der Weiberliebe, ein guter Ökonom, aber kein guter Hirte für seine Schäflein, … in manchen Zügen dem Reformator Luther nicht ganz unähnlich …

DIE AHRNER PFARRKIRCHEN
Die erste Pfarrkirche des Tales soll in St. Martin gestanden haben, und zwar in unmittelbarer Nähe des heutigen Stöcklhäusls. Sie soll während eines Sonntagsgottesdienstes vom Trippach, einem rechten Seitenbach der Ahr, übermurt worden sein. Auch alle Kirchenbesucher sollen verschüttet worden sein. Für diese Katastrophe gibt es keinen schriftlichen Beleg. Ein im Jahre 1342 in Avignon vom Papst ausgestellter und im Ahrner Pfarrarchiv noch vorhandener Ablassbrief, der all jenen den Nachlass der Sündenstrafen verheißt, die für den Neubau der Ahrner Pfarrkirche spenden, verrät in etwa den Zeitpunkt des Unglückes. Dass ungefähr zur selben Zeit zwanzig Ahrner Bauern Steuern nachgelassen wurden, weil ihre Höfe Wasserschäden erlitten hatten, scheint wie eine Bestätigung des Geschehens. Die neue Kirche wurde im Felde des Weißenbachlhofes  an einem Platz errichtet, der keiner Wassergefahr ausgesetzt war. Sie war mit ihren 23×7 Metern Grundfläche nicht allzu groß, bedenkt man, dass sie zunächst noch die einzige Kirche des Tales war. Über ihre künstlerische Ausstattung wissen wir wenig, wir kennen nur einige Objekte, die den Abriss nach 1785 überlebt haben, als die Kirche infolge des instabilen Grundes baufällig wurde. Das Taufbecken gehört dazu und vier eher kleinformatige Tafelbilder, welche die Heiligen Florian, Sebastian, Katharina und Barbara darstellen und die wahrscheinlich Teile eines gotischen Flügelaltares sind. Manche möchten die Bilder Simon von Taisten zuschreiben, andere sind sich da nicht so sicher. Als die Baufälligkeit der Pfarrkirche im Weißenbachlfelde auch mit einer umfangreichen Restaurierung nicht mehr aufzuhalten war, musste man sich mit einem Neubau abfinden, dessen Verwirklichung aber sehr umstritten war. Als im Jahre 1777 Pfarrer Franz Xaver Wierer, aus Brixen gebürtig, die Pfarre Ahrn verliehen bekam, wurde alle den Neubau betreffenden Probleme der Reihe nach gelöst. Einmal ging es um den Bauplatz und dann vor allem um die Finanzierung. Man entschied sich dafür, die zwei Kapellen, die damals neben dem Widum standen, den man erst im Jahre 1732 bezogen hatte, abzureißen und dort die neue Kirche zu erbauen. Schließlich einigte man sich auch über die Finanzierung. Die erste Schätzung ging von Gesamtkosten in Höhe von 8000 Gulden aus. Dafür mussten auch die Filialkirchen im Tale aufkommen. Das Holz für die Kirche durfte im Hochwald gehackt werden. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Gesamtkosten ein Drittel höher waren als vorausberechnet. Sie beliefen sich auf 12.000 Gulden. Die fehlenden 4000 Gulden wurden durch Spenden abgedeckt, wobei allein Pfarrer Wierer 1500 Gulden spendete.
Das Projekt für die neue Kirche entwarf Franz Anton Singer (1724-1789) aus Götzens, ein enger Mitarbeiter der beiden Pfarrer-Baumeister Franz de Paula Penz (1707-1772) und Georg Tangl (1722-1787), die nach der Weihe des barocken Brixner Domes im Jahre 1758 in der Diözese Brixen für die Durchführung eines umfangreichen barocken Kirchenbauprogrammes verantwortlich waren. Singer hatte zwischen 1773 und 1775 die Pfarrkirche von Götzens erbaut, der die Pfarrkirche von St. Johann im Grundriss und in der architektonischen Form nachempfunden ist. Die Bauleitung wurde in St. Johann dem Singer-Schüler Josef Abenthung (1719-1802) übertragen, der wenig später in der gleichen Funktion auch in Niederdorf und in St. Ulrich in Gröden beim Bau der dortigen Kirchen tätig war. Nicht zu unterschätzen ist der Anteil, den Pfarrer Franz Xaver Wierer an der Umsetzung des Projektes hatte. Die künstlerische Ausstattung wurde dem Maler Josef Schöpf (1745-1822) und dem Brunecker Stadtbaumeister und Bildhauer Jakob Philipp Santer (1756-1809) übertragen. Die Grundsteinlegung für die Kirche erfolgte im Frühjahr 1783. Am 16. Oktober 1785 wurde sie bereits bezogen, eingeweiht wurde sie aber erst am 24. August 1788, und zwar durch Fürstbischof Joseph von Spaur (1779-1791).

DIE LOSLÖSUNG DER DÖRFER VON DER PFARRE AHRN
Der erste Ort, der sich seelsorglich von der Pfarre Ahrn zu lösen begann, war Prettau. Einmal war die Entfernung des Dorfes von der Pfarrkirche dafür ausschlaggebend und dann auch seine wirtschaftliche Bedeutung, seit um etwa 1400 das Kupferbergwerk eröffnet worden war. Die Kirche zum hl. Valentin in Prettau wurde 1489 geweiht. Allerdings stand am gleichen Platz schon vorher eine kleinere Kirche. Sicher wurde die Seelsorge zunächst von Ahrn aus organisiert. Seit etwa 1530 war dann ständig ein Geistlicher in Prettau anwesend. Seither haben – die Kooperatoren nicht gerechnet – ingesamt 54 Kuraten bzw. Pfarrer (ab 1891) in Prettau Dienst getan.
Wie in Prettau entstand auch in St. Jakob zunächst eine Kapelle, die um 1500 durch die heute noch bestehende Pfarrkirche ersetzt wurde. Etwa zur gleichen Zeit wurde auch die Kirche von St. Peter erbaut. Der ab dem Jahre 1700 amtierende Kurat von St. Jakob hatte zunächst auch St. Peter zu betreuen. Die dann in der Zeit Josefs II. gegründete Lokalkaplanei von St. Peter litt an Geldmangel und war daher am Anfang nicht ständig besetzt. Beide Orte wurden um 1890 zu Pfarreien erhoben. Steinhaus  war am längsten von der Pfarre Ahrn abhängig. Das Dorf war ja schon unter Österreich keine eigene Gemeinde, sondern gehörte teils zu St. Johann und teils zu St. Jakob. Bis 1650 gab es am Ort keine Kirche, die Menschen besuchten den Sonntagsgottesdienst je nach Gemeindezugehörigkeit in St. Johann oder in St. Jakob. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde dann eine erste Kirche erbaut, die mehr den Charakter einer Kapelle hatte und nach 50 Jahren den Ansprüchen schon nicht mehr genügte. Der damals entstandene Neubau ging finanziell voll zu Lasten der Gewerken des Kupferbergwerkes von Prettau, der Grafen von Tannenberg und der Freiherren von Sternbach. Sowohl die Kapelle als auch die Kirche von Steinhaus wurden jeweils innerhalb weniger Monate fertig gestellt. Letztere wurde am 29. September 1704 von Fürstbischof Kaspar Ignaz Graf Künigl geweiht. Der erste Geistliche, der Steinhaus betreute, nahm schon vor 1700 seinen Dienst auf. Die Loslösung von der Pfarre Ahrn ging dann allerdings eher langsam vor sich, denn dieser Geistliche befand sich in einer doppelten Abhängigkeit. Einmal unterstand er als Expositus dem Pfarrer von Ahrn, zum anderen hing er finanziell von den Bergwerksgewerken ab, die einen bedeutenden Teil seines Einkommens sicherten und ihn im Ansitz Gassegg, dem Grafenhaus, wohnen ließen. 1937 wurden in der Diözese Brixen alle Exposituren und Kaplaneien zu Kuratien erhoben. Erst als Steinhaus 1959 zur Pfarrei erhoben wurde, war der Ort kirchlich erstmals selbständig. Warum Luttach und Weißenbach zu Zeiten, als nur Taufers und Ahrn über Geistliche verfügten, zu Taufers gehörten, ist nicht zu ergründen. Dass Luttach, dessen Kirche erst ab dem 15. Jahrhundert bestätigt ist, vorher über eine Kapelle als religiöses Zentrum verfügt hat, ist wahrscheinlich, aber weder archäologisch noch schriftlich irgendwo bestätigt. In Weißenbach ist eine erste Kirche im Jahre 1434 bestätigt, im Jahre 1480 wurde dann die heute noch bestehende Kirche geweiht, deren wunderbarer Alter von Michael Parth nach der letzten Restaurierung der Kirche wieder voll zur Geltung kommt. Luttach ist seit 1891 eine selbständige Pfarre, Weißenbach seit 1955. (RT)